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30.12.2010 / Gastkommentar von Harald Walser in der "Presse": „Es klang wunderbar. Ganz judenrein!“

Anlässlich des Neujahrskonzerts weist Harald Walser auf die mangelnde Aufarbeitung der NS-Geschichte der Wiener Philharmoniker hin.

Untertitel: "Die Wiener Philharmoniker haben den Stellenwert des Umgangs mit der eigenen Vergangenheit noch immer nicht kapiert." --> link

 

Aus Anlass der z.T. diffamierenden Blogbeiträge und Leserbriefe zu diesem Thema schrieb Werner Bundschuh:

„Eher bodenlose  Ignoranz…“

Zu DI Wolfgang Steinkellners Lesebrief „Eher Präpotenz als ‚politische Korrektheit‘“ (Die Presse, 02.01.2011)

Wolfgang Steinkellner hängen Artikel zum „ewigen Thema“ zum Halse heraus, und deshalb verunglimpft er den Historiker und Bildungssprecher der „Grünen“ Harald Walser. Walser weist in seinem Gastkommentar „Es klang wunderbar. Ganz judenrein!“ (30.12.) auf die Versäumnisse der Wiener Philharmoniker bei der seriösen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Orchesters hin. Steinkellner ortet deshalb „links-linke Schulmeisterei“ oder „neurotische Paranoika“.

Gäbe es eine PISA-Studie für historisch-politische Bildung, dann müssten wir das Schlimmste befürchten! Solche Leserbriefschreiber zeigen, wie wenig die „Holocaust Education“ in unserem Schulwesen greift! Nur ein   Hinweis darauf, warum es in anderen Ländern so wichtig ist, die Erinnerung an die NS-Zeit wach zu halten und dem Verdrängen und Vergessen entgegenzuwirken:

Das Curriculum des Staates New Jersey (USA) zum Thema "Holocaust and Genocide" zum Beispiel beginnt bereits verpflichtend im Kindergarten! Würde man in Österreich diesen Vorschlag unterbreiten, welch Aufschrei ginge durch das Land! Hintergrund ist eine möglichst früh beginnende Werte- und Moralerziehung. Sie beginnt im Kindergarten und gilt für den gesamten Schulbereich, auch für das Studium, und zwar für jedes Studium. Zu einem einzigen Ziel: Künftige Genozide zu verhindern, aus „Auschwitz“ zu lernen, indem die Mechanismen, die zum Holocaust geführt haben, begreiflich gemacht werden.

Der Chef der Warschauer Philharmonie, Adam Kopycinski, war in Auschwitz zwangsweise Dirigent eines Lagerorchesters. Dort - inmitten der größten Barbarei – bedeutete die Musik für ihn „das schlichte Wissen von der Wahrheit des Lebens“.

Zur „Wahrheit des Lebens“ gehört es auch, sich den historischen Fakten zu stellen, sich u.a. an die Ermordung und Vertreibung der österreichischen Juden und Jüdinnen zu erinnern und nach den Tätern und Zuschauern des Unrechts zu fragen und zu forschen. Und dazu ist der Archivzugang nötig – auch zu jenem der Wiener Philharmoniker. Und vor allem der Wille, sich auch den „dunklen Kapiteln“ der Geschichte zu stellen – bei aller Schönheit des Musizierens!

Dr. Werner Bundschuh
Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft