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08.02.2008 / Vorwürfe: ÖVP-Jugend mit Kühnengruß

ORF Vorarlberg online - Gegen drei Mitglieder der Jungen ÖVP Vorarlberg sind schwere Vorwürfe laut geworden. Die drei sind auf einem Foto zu sehen, auf dem sie die Hand erheben - offenbar zum rechtsradikalen Kühnengruß. LH Herbert Sausgruber (ÖVP) spricht von einer "nicht tolerierbaren Fehlleistung".

 


ÖVP-Parteitag in Salzburg (Bild: JVP)

Das Foto wurde beim ÖVP-Bundesparteitag in Salzburg aufgenommen und auf der Homepage der Jungen ÖVP veröffentlicht, mittlerweile aber entfernt. Der Gruß sorgte in Österreich bereits für Aufregung, als ein entsprechendes Foto von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache auftauchte.

Er sagte damals, er habe drei Bier bestellt. Der Kühnengruß gilt in der rechtsradikalen Szene als Abwandlung des Hitlergrußes.

Scharfe Kritik der Opposition

SPÖ-Jugendsprecherin Mirjam Jäger sagte, die ÖVP könne sich offenbar "noch immer nicht von ihren auch in diktatorischen Regimen befindlichen Wurzeln trennen". Scharfe Kritik kam auch von den Grünen.

"Nicht tolerierbare Fehlleistung"

Aber auch Sausgruber fand scharfe Worte für die jungen Parteimitglieder. "Das ist eine nicht tolerierbare Fehlleistung und kein Scherz", sagte er gegenüber Radio Vorarlberg. Daher sei das Bild auch sofort von der Seite entfernt worden.

Ein Hinweis auf rechtsextreme Strömungen sei das aber nicht, es sei auszuschließen, dass solche Tendenzen in der Partei vorhanden seien. Allerdings gebe es offenbar eine mangelnde Sensibilität für den Ernst solcher Gesten, so Sausgruber.

JVP: "Große Dummheit"

Auch JVP-Obmann Thomas Winsauer übte scharfe Kritik. Es handle sich um eine "große Dummheit", von der er sich klar distanziere, so Winsauer. Die drei Beteiligten bedauerten ihr Verhalten und hätten sich dafür entschuldigt.

Winsauer sagte, er habe bereits klärende Gespräche geführt. Weitere Konsequenzen gegen die drei jungen Männer gebe es vorerst nicht. Wie die Bilder auf die Homepage gelangt seien, werde noch geprüft, so der JVP-Obmann.

In Deutschland verboten

Beim Kühnengruß wird der rechte Arm gestreckt und der Daumen, der Zeigefinger und der Mittelfinger abgespreizt. In Deutschland wurde der Gruß verboten.

In Österreich ist die Rechtslage offenbar umstritten: Laut Innenministerium ist der Gruß nach der derzeitigen Rechtsprechung nicht strafbar, da er nicht als Symbol für den Nationalsozialismus angesehen werde.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Feldkirch, Franz Pflanzner, sagte hingegen, das Zeigen des Kühnengrußes sei ein Tatbestand nach dem Verbotsgesetz. Zuständig ist laut Pflanzner allerdings die Staatsanwaltschaft Salzburg.

Historiker: Deutliche Geste

Der Historiker Werner Bundschuh zeigte sich schockiert über das Verhalten der Jung-ÖVPler. Der Vorsitzende der Johann-August-Malin-Gesellschaft meint, das Foto lasse an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Entweder provozierten diese Jungpolitiker bewusst und drückten damit eine rechtsextreme Grundhaltung aus - oder es fehle an historischem Bewusstsein.

Pichler: "Dann sind sie dumm"

Meinrad Pichler, Historiker und Direktor des Gymnasiums Gallusstraße in Bregenz, erklärt, dass der Kühnengruß seit den 1970er Jahren von Rechtsextremen verwendet wird, da ja der Hitlergruß verboten ist.

Meinrad Pichler (Bild: ORF)

Wenn diese Jugendlichen den Gruß als Scherz gesehen hätten, seien sie "dumm", so Pichler. Hätten sie es als politisches Statement gedacht, seien sie in der falschen Partei.


Weitere Meldungen:

Kühnengruß: SPÖ-Jugend fordert Prüfung
http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/256107/ (12.02.2008)

Kühnengruß: Konsequenzen für JVP-Mitglieder
http://vorarlberg.orf.at/stories/256522/ (13.02.2008)

 

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