03.07.2007 - Seff Dünser: Krieg geht zu Ende

 Vorarlberger Nachrichten, S. A6

KOMMENTAR


SEFF DÜNSER seff.duenser  @  vn.vol.at   05572/501-264

Wirkt die Vergangenheit in die Gegenwart hinein? Das ist die entscheidende Frage, auch wenn es um unsere nationalsozialistische Vergangenheit geht. NS-Aufarbeitung macht dann Sinn, wenn ein Zusammenhang von Vergangenem und Gegenwärtigem erkannt wird.

Vorarlberg neigt dazu, seine jüngere Geschichte lieber ruhen zu lassen. So konnten Vorarlberger NS-Massenmörder wie der Bregenzer Irmfried Eberl und der Silbertaler Josef Vallaster in ihrer Heimat bis vor Kurzem unbekannt bleiben. Täter passen nicht zur NS-Opferrolle, in die Vorarlberg und Österreich geschlüpft sind.

Verdrängte Täter-Energie ist dem Land anzumerken. Der noch nicht verarbeitete Krieg ist noch immer nicht vorbei, in den Seelen der Menschen wirkt er weiter. NS-Aufarbeitung bedeutet, hinzusehen auf das, was damals war, auf die Opfer und die Täter, am besten mit Mitgefühl. Moralisches Verurteilen von Tätern bringt uns dabei nicht weiter, sondern hält uns in der Vergangenheit gefangen. Täter haben ihre Verantwortung selbst zu tragen, wir Nachfahren unsere eigene.

Zur Verantwortung der jetzigen Generation zählt, sich zu fragen, was man von Tätern wie Josef Vallaster lernen kann. Man könnte sich auch wiedererkennen in Josef Vallaster, übersetzt auf andere gesellschaftliche Umstände und friedlichere Zeiten: Wie wirkt in mir das Dunkle? Wo und wie bin ich grausam zu anderen Menschen und zu mir selbst?

Damit der Krieg sechs Jahrzehnte später endlich enden kann, auch in den Seelen der Menschen.

Seff Dünser

Seff Dünser

 

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