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Werner Bundschuh (2004): "Um so einen Mann trauert man nicht ... Begräbnis nicht bewilligt!" Das "Euthanasie"-Opfer Franz Josef Gstrein

Der "Fall" des "Euthanasieopfers" Franz Josef Gstrein, der Ende August 1942 in Hartheim/Niedernhart ermordet wurde, hat durch die Bemühungen des Dornbirner Rechtsanwalts Dr. Helmuth Mäser eine besondere Bedeutung erlangt: Ihm gelang es, aus dem Nationalfonds der Republik Österreich eine Entschädigung für die Kinder des Ermordeten zu erreichen - weil er nachwies, dass die Einlieferung in die Valduna und in die oberösterreichische Tötungsanstalt aus politischen Gründen erfolgte.

Werner Bundschuh

 

"Um so einen Mann trauert man nicht ... Begräbnis nicht bewilligt!"

Das "Euthanasie"-Opfer Franz Josef Gstrein


Erschienen in: Dornbirner Schriften. Beiträge zur Stadtkunde. Nr. 29, Dornbirn 2004, S. 85-101


Seit dem Jahr 1993 steht im Rathauspark ein Gedenkstein an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Dornbirn. Seine Errichtung erfolgte, nachdem die Stadt im sogenannten "Bedenkjahr 1988" von der Johann-August-Malin-Gesellschaft eine Gedenktafel erhalten hatte.[1]

Nach langen Diskussionen wurde schließlich von der ÖVP, SPÖ und der "Bürgerliste" der Gedenkstein mit folgendem Text versehen:

"Friede-Menschenwürde-Toleranz

Zur Erinnerung an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dornbirn, die Opfer der NS-Gewaltherrschaft wurden, die in Konzentrationslagern und Gefängnissen gelitten haben, die ausgegrenzt und verfolgt wurden. Den wehrlosen Opfern der Euthanasie und den Ermordeten von Widerstand und Verfolgung. (Namen:)."[2]

Zu diesen "wehrlosen Opfern der Euthanasie" zählt Franz Josef Gstrein. Der Maschinenwärter und Lokführer Franz Josef Gstrein wurde am 31. März 1898 in Bludenz geboren. Laut Sterbeurkunde des Standesamtes Linz verstarb er angeblich am 17. September 1942 an "Paralysis progressiva" in der Heil- und Pflegeanstalt Linz-Niedernhart, Waldegg Nr. 82.[3]

Im Archiv dieser Anstalt sind keine Unterlagen über Herrn Gstrein vorhanden. Wie in vielen Fällen, so könnte auch hier die Anstalt Niedernhart nur als Tarnadresse für die Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz gedient haben. Manche nach Hartheim überstellten Personen blieben zwar einige Tage in Niedernhart, sie wurden aber auf der "Durchgangsstation" nicht eigens registriert. Und auch die Angabe manipulierter Todesursachen gehörte zum Verschleierungsmechanismus der "Euthanasieaktionen".[4] Hundertprozentige Aussagen über die Art und den Ort der Ermordung von Franz Josef Gstrein lassen sich nicht machen. Er war seit dem 8. April 1940 in der damaligen Nervenheilanstalt Valduna in Rankweil untergebracht. Von dort wurde er am 24. März 1941 nach Hall i. T.[5] überstellt und am 31. August 1942 nach Niernhart weitertransportiert.[6] Er gehört also zu jenen Patienten aus der Anstalt Valduna, die nach dem offiziellen Ende der sogenannten "T 4-Aktion" aus Hall abgeholt und ermordet wurden.[7] Allein in Hartheim bzw. Niedernhart sind rund 260 Patienten aus der Valduna dem "Euthanasie"-Programm zum Opfer gefallen.[8] Aus Tarnungsgründen erhielten die Angehörigen die Nachricht über den angeblich krankheitsbedingten Tod ihrer Verwandten aus verschiedenen Anstalten: Neben Hartheim/Niedernhart waren dies Bernburg an der Saale, Hadamar bei Limburg und Sonnenstein bei Pirna.[9]

Am 31. August 1942 kamen 60 Patienten von Hall nach Niedernhart. Aller Wahrscheinlichkeit nach schickte sie Dr. Rudolf Lonauer, der Chef dieser Anstalt, nach Hartheim weiter. Dort wurden zu diesem Zeitpunkt kranke und renitente KZ-Häftlinge im Rahmen der "Aktion 14 f 13" ermordet. Allerdings ist es auch möglich, dass Gstrein bereits in Niedernhart verstorben ist: Hier ließ man die Patienten durch Hunger und Luminal umkommen, um einen natürlichen Tod vorzutäuschen.

Der Fall von Franz Josef Gstrein hat durch die Bemühungen des Dornbirner Rechtsanwalts Dr. Helmuth Mäser eine besondere Bedeutung erlangt: Ihm gelang es als Rechtsvertreter der Kinder des Ermordeten aus dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus[10] eine Entschädigung zu erreichen. Gleichzeitig konnte er nachweisen, dass die Überstellung des Ermordeten in die Valduna aus politischen Gründen erfolgte. Bei Franz Josef Gstrein handelt es sich also in Wirklichkeit um einen politisch Verfolgten, der auf Grund seiner oppositionellen Grundhaltung gegen den Nationalsozialismus als "Irrer" eingestuft und schließlich brutal ermordet wurde.

Das Opfer hatte drei Kinder: Emilie (geboren am 15. November 1921 in Innsbruck), Agnes (geboren am 30. Oktober 1922 in Dornbirn) und Alois (geboren am 27. Oktober 1928).

Am 26. Oktober 1946 nahm die Stadtpolizei Dornbirn in Zusammenhang mit den Erhebungen gegen Dr. Josef Vonbun, dem Valduna-Leiter, ein Protokoll über die Befragung von Agnes Gstrein auf.[11]

Agnes Gstrein wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Dr. Waibelstraße Nr.11. Sie gab unter anderem an, dass ihr Vater öfters erzählt habe, "dass er den Hitler persönlich kenne, da er mit demselben im Weltkriege 1914 - 1918 bei demselben Truppenkörper gedient habe." Ob dieses äußerst interessante Aussage den Tatsachen entspricht, konnte im Zuge dieser Arbeit nicht geklärt werden. Dazu bedürfte es weiterer Recherchen.

Agnes Gstrein gab an, dass ihr Vater auf Hitler "nicht gut zu sprechen" war und dass er sich öfters "abfällig" über ihn geäußert habe: "Unter anderm bezeichnete er den Hitler schon damals als Mörder und verbot uns Kinder unter allen Umständen jemals irgend einer Nazi-Organisation beizutreten. Nach dem Umbruch 1938 war er etwas vorsichtiger mit diesen Äußerungen und hat sich nur selten über Hitler ausgelassen. Etwa im Juni 1938, als wir noch in Hohenems wohnhaft waren, wurde mein Vater das erstemal von der Gendarmerie Hohenems verhaftet, weil er beleidigende Äusserungen über Hitler machte. Er war damals nur 2 Tage in Haft. Ich möchte noch erwähnen, dass mein Vater gelegentlich auch über den Durst getrunken hat und sich im angeheiterten Zustand mit Vorliebe abfällig über Hitler äußerte."[12]

Di e Befragte gab an, dass im Jänner 1943 ein Telegramm aus Hartheim gekommen sei, in dem der Tod und die Einäscherung ihres Vaters mitgeteilt worden sei. Die genaue Todesursache und das Sterbedatum seien nicht mitgeteilt worden.

Kurz vor seiner Überstellung nach Oberösterreich habe sie ihren Vater in Hall besucht: "Es kostete sehr viel Mühe, bis es mir gelang, meinen Vater zu sprechen. Ich stellte hiebei fest, dass mein Vater nicht geistesgestört war. Ich konnte damals ca. 1 Stunde unter Aufsicht mit ihm sprechen. Er gab seiner Meinung dahin Ausdruck, dass er nicht mehr zurückkehren werde. Auch sagte er unter anderem: 'Wer einmal dem Hitler unter die Hände fällt, der kommt nicht mehr aus.'"

Auch Emilie wurde damals von der Stadtpolizei befragt. Sie bestätigte die Aussage ihrer Schwester, dass ihr Vater Hitler gekannt habe. Im Sommer 1939 wollte sie ihren Vater in der Valduna besuchen. Dies sei ihr verwehrt worden: "Der Besuch wurde mir von einem gewissen Dr. Gasser, der in Dornbirn, Mossmahdstrasse (sic!) Nr. 15 wohnte, untersagt, mit der Begründung, dass man mit meinem Vater nicht sprechen könne, da er 'narrisch' sei, und man mit ihm kein Wort sprechen könne." Sie sei dann im März 1943 nach Hall gefahren. Dort habe ihr ein "diensttuender Beamter erklärt, dass er vor 2 Tagen nach Linz ins Krematorium gekommen sei, dass er nicht mehr zurückkomme, da er nicht mehr heilbar gewesen sei."

Die Angaben der beiden Schwestern, wann die Todesnachricht aus Hartheim gekommen ist, differierten also bei dieser Vernehmung. Agnes behauptete, die Todesnachricht sei bereits im Jänner 1943 eingetroffen, Emilie gab an, sie habe bei ihrem Besuch im März 1943 in Hall von der Deportation und Tötung ihres Vaters erfahren. Vom Telegramm habe sie im Herbst 1943 von ihrem Cousin Engelbert Gstrein erfahren.

Zweiundvierzig Jahre später, am 17. August 1998 wandte sich Frau Emilie Dalpalu[13] geb. Gstrein, nunmehr wohnhaft in Dornbirn, Nachbauerstraße 24, bei ihrer Spurensuche nach dem Vater an das Bundesministerium für Inneres. In diesem Schreiben führte sie aus:

"Ich, Dalpalu Emilie geb. Gstrein, geboren am 15.11.1921, war damals knapp 20 Jahre alt und habe meinen Vater in der damaligen Valduna besucht, wo ich persönlich bei jeder Unterhaltung mit ihm keine geistige Verwirrung feststellen konnte, nur dass er ein Nazi-Gegner war bis zu seinem tragischen Tod. Später fuhr ich auch nach Hall i.T. und wollte meinen Vater besuchen, aber dort erklärte mir ein Herr Dr. Gassner (sic!), dass ich ihn nicht mehr sehen könne, da er schon zum Transport nach Linz a.D. fertiggemacht worden sei. Diese Worte habe ich in meinem ganzen Leben nie vergessen."[14]

Einigen Patienten sei durchaus bewusst gewesen, was auf sie zukam. So seien sie vereinzelt in die Hauskapelle der Valduna geflüchtet und hätten sich an den Bänken festgeklammert, so dass sie nur mit Gewalt weggebracht werden konnten. Offenbar hatte der genannte Sekundärarzt Dr. Gassner auch einige Patienten "etwas vorlaut und zu offenherzig" über ihr Schicksal informiert, was ihm in Folge einer Anzeige durch den Anstaltsleiter Dr. Josef Vonbun drei Tage Arrest eingebracht haben soll.[15]

Die Möglichkeit, die Kinder eines "Euthanasie"-Opfers zu "entschädigen", wurde zunächst auch vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als "sehr gering" eingestuft.[16] Doch Dr. Helmuth Mäser ließ nicht locker. Er wandte sich als juristischer Vertreter von Frau Dalpalu und ihrem Sohn Ingo Jochum an Univ. Prof. Dr. Clemens Jabloner, den Vorsitzenden der "Österreichischen Historikerkommission" und Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes. Er machte ihn auf den "Fall Gstrein" aufmerksam.[17] Gleichzeitig reichte er einen Antrag auf Entschädigung nach dem "Opferfürsorgegesetz" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und beim Nationalfonds ein.[18] Die Eingabe nach dem Opferfürsorgegesetz wurde "zuständigkeitshalber" dem Amt der Vorarlberger Landesregierung übermittelt und die Rechtsaufassung mitgeteilt, "dass grundsätzlich gem. § 1 Abs. 3 lit. B OFG Kinder und Enkel als Hinterbliebene nach Opfern gem. § 1 Abs. 2 lit.a OFG nur bis zum Ablauf des Jahres gelten, in dem sie das 24. Lebensjahr vollendet haben."[19] Nach dem Opferfürsorgegesetz konnten keine Ansprüche abgeleitet werden.[20] Die Darstellung von Frau Dalpalu führte allerdings dazu, dass der Nationalfonds reagierte: Beide Kinder von Franz Josef Gstrein erhielten einen Entschädigungsbetrag von je S 70.000.- ausbezahlt.[21]

Der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus erbringt grundsätzlich Leistungen an Personen, die aus folgenden Gründen Opfer des nationalsozialistischen Regimes wurden:

  1. Für Personen, die aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder auf Grund des Vorwurfes der sogenannten "Asozialität" verfolgt wurden.
  2. Für Personen, die auf andere Weise Opfer typisch nationalsozialistischen Unrechts geworden sind.
  3. Für Personen, die das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen.
  4.   Laut Gesetz ist auch anspruchberechtigt, wer vor dem 9. Mai 1945 als Kind von solchen Personen im Konzentrationslager oder unter vergleichbaren Umständen geboren worden ist. Als vergleichbare Umstände gelten Geburt in einem Ghetto, Internierungslager oder unter ähnlichen Umständen.

Auf diesen Passus stützte sich Dr. Helmuth Mäser bei seiner Argumentation und er bekam schließlich Recht.

Alois Gstrein, der heute in Lauterach lebt, weiß über das Schicksal seines Vaters Folgendes zu berichten. "Mein Vater war ein baumlanger Kerl. Ein Hüne von 1.97 m. Er war ein Gerechtigkeitsfanatiker und manchmal sehr rabiat und aufbrausend. Das ist ihm zum Verhängnis geworden. Bevor er nach Latschau zum Kraftwerksbau bei den Illwerken 1939 dienstverpflichtet wurde, wohnten wir in Hohenems in der Kaubachstraße Nr. 5. In Latschau war er Hüttenwirt und dort passierte es: Er machte aus seiner Verachtung des NS-Regimes kein Hehl und nannte Hitler am Biertisch einen 'Hosenscheißer'. Von seinen Zechkumpanen wurde er verpfiffen. Man benötigte mehrere Polizisten um ihn zu verhaften. Er schlug wütend um sich und fügte einem Rippenbrüche zu. Weil er so randalierte, ist er in die Valduna eingeliefert worden. Das habe ich von einem Augenzeugen erzählt bekommen."[22]

Für Emilie Dalpalu war der Vater ein "verkappter Sozialist", der als Eisenbahner (Maschinenwärter) "einfach etwas gegen den Hitler gehabt hat." Er habe gesagt: "Ihr werdet schon sehen, es gibt noch Krieg. Das ist ein Brandstifter!". Ihr Mutter hätte mit solchen Aussagen keine Freude gehabt und wäre dagegen gewesen, dass "er so herumredet; weil er war Kriegsinvalide vom Ersten Weltkrieg".[23]

Die ökonomische Situation der Familie war mehr als sehr schwierig. Die Mutter hatte eine Wäschevertretung der Firma Fels in Lustenau übernommen. Sie war jedoch ständig krank, so dass der Vater, der zum Teil arbeitslos war, diese Vertretertätigkeit ausübte. Nach dem Tod der Mutter am 1. Juli 1938 wurde die Konzession, die auf ihren Namen ausgestellt war, nicht mehr verlängert und eingezogen. Franz Josef Gstrein wurde vom Arbeitsamt nach Latschau dienstverpflichtet. Sein zehnjähriger Sohn Alois lebte zu diesem Zeitpunkt bereits als Pflegekind bei einer Familie in Götzis.

Franz Josef Gstrein machte sich, so lange er in Freiheit war, alle vierzehn Tage auf den Weg von seiner Hütte im Montafon nach Hohenems und besuchte dort seine Töchter. Doch die Wohnung in der Kaulbachstraße Nr. 5/erster Stock musste nach seiner Internierung aus finanziellen Gründen geräumt werden, die Wohnung wurde zwangsweise aufgelöst, die Bewohner delogiert. Denn noch im Jahre 1938 war Berta Gstrein geb. Barbisch (1898-1938) verstorben, sodass die Kinder unversorgt zurückblieben. Die Familie wurde endgültig auseinander gerissen, sie verlor schließlich alles, was sie besaß: Wohnung, Möbel, Teppiche, Bilder, aber auch persönliche Erinnerungsgegenstände und Fotos gingen verloren.

Emilie kam zunächst zur Familie Schwendinger in der Vorderen Achmühle, Agnes wurde umgehend nach Berlin in einen Rüstungsbetrieb zwangsverpflichtet. Sie entzog sich der Dienstverpflichtung durch eine Absetzung in die Schweiz. Dort heiratete sie bald. Agnes Albrecht lebte bis 1991 in Turbenthal bei Winterthur. [24]

Alois kam zur Familie (Christl) Wohlgenannt in Bantling-Watzenegg in Pflege und Emilie bezog 1941 beim Fahrradhändler Bohle in der Kapuzinergasse in Dornbirn ein Zimmer.

Emilie Dalpalu hat ihren Vater nach der Einweisung in den Jahren 1940 und 1941 mehrmals in der Valduna besucht. In ihrer Sachverhaltsdarstellung an den Nationalfonds betont sie, dass er "immer völlig gesund gewesen sei."[25] Sie schildert sehr eindringlich, mit welchen Schwierigkeiten sie damals konfrontiert war. Sie galt als Kind eines nach NS-Diktion "Lebensunwerten". "Als der Vater 1942 verstarb - vom Vergasen wusste ich nichts - habe ich beim Vizebürgermeister Mäser (...) um einen Bezugsschein für Trauerkleidung angesucht. Er warf mich aus dem Rathaus hinaus. Seine Worte: Schauen Sie, dass Sie hinauskommen, um so einen Mann trauert man nicht - hinaus! Begräbnis wurde nicht bewilligt. Wir, d.h. die Familie, mussten still sein ..."[26]

Die Aussage, dass sie vom "Vergasen nichts gewusst habe", wird von ihr an anderer Stelle relativiert. In einer ergänzenden Darstellung heißt es: "Als er von Hall wegkam, hatte ich schon Angst, dass er umgebracht werde. Jedes Mal, wenn jemand von dort nach Linz wegkam, wusste man, dass er umgebracht wird."[27]

Auf die Frage, ob die Haltung des NS-Vizebürgermeisters Alfons Mäser ein Einzelfall gewesen sei, antwortete Emilie Dalpalu mit einem klaren Nein. Mit Bitternis erinnerte sie sich an die Haltung vieler Mitmenschen zu dieser Zeit: "In ganz Hohenems und später in Dornbirn waren wir Ausgestoßene. Man wusste, dass unser Vater in der Valduna war. Ich war diskriminiert, wir erlitten furchtbare Seelenpein."[28]

In der kürzlich präsentierten "Geschichte der Stadt Dornbirn" zitiert Ingrid Böhler ein Schreiben des Ortsgruppenleiters von Haselstauden vom 7. März 1941. In einem schauerlichen, ungrammatikalischen Deutsch nimmt der OGL Bezug auf die "Euthanasie", die schließlich im Sommer 1941 nach Protesten der Kirchen offiziell eingestellte wurde und als Krankenmord ("wilde Euthanasie") jedoch in versteckter Form weiterging:

"Die alten Leute haben Angst das es Ihnen geht wie den Narischen vom Valduna und muss mal bei einer Versammlung unbedingt darüber das Volk aufgeklärt werden, denn es wird darüber so viel dummes geredet. Auch sollen die Pfarrer die Anzeigen an den Anschlagtafeln von den Verstorbenen was von Linz aus gemeldet werden auch nur 2-3 Tage im Aushang lassen, aber nicht 6-10 Tage nur um das Volk recht aufmerksam zumachen und das eben die Sterbefälle eine grössere Zahl aufweisen wie sonst. Die Pfaffen versuchen dabei, beim Volk eine gewisse Stimmung zu machen."[29]

An ihrem Arbeitsplatz bei Benedikt Mäser hatte Emilie große Schwierigkeiten, da sie nicht nur als Tochter eines "Narrischen", sondern auch als "Antinationalsozialisten" angesehen wurde. Sie "habe schon gemault und gesagt, das sei kein Chef, der für sich jeden Luxus nimmt, aber den Arbeitern nichts gibt." Deshalb sollte sie nach Berlin in einen Rüstungsbetrieb verschickt werden. "Der Heilige Geist hat mir dann eingegeben, dass ich etwas machen müsse, und ich bin zu einem Arzt, nämlich zu Dr. Waibel in der Waibelstraße gegangen und habe ihm alles erzählt, ob er mir nicht helfen könne und danach sagte er: 'Ich kann Ihnen schon helfen. Wir schreiben einfach, Sie sind in anderen Umständen.' Dann bin ich an Stelle nach Berlin zu fahren, wieder beim Arbeitsamt erschienen und Frau Rath hat mit mir geschumpfen. Wenn dem so sei, müsse ich nach Lustenau zur Firma Steinheil und Söhne.[30] Dort musste ich bohren und Gewinde schneiden. Von der Näherei weg!"[31]

Nach Kriegsende war das Schicksal ihres Vaters kein Thema. "Gewundert" hätte sie sich schon, dass er "weggekommen" sei. Er sei ja eigentlich "bescheiden gewesen. Er hat nirgendwo Sozialhilfe oder Ähnliches bezogen. Aber man hat ihn weggenommen, weil er zu viel geredet habe." Er sei ein NS-Gegner gewesen, der "alles vorausgesehen habe. 'Ihr könnt schauen, es gibt Krieg, er ist ein Mörder und Brandstifter!' habe er gesagt. Ich höre ihn noch vor mir."[32]

Der NS-Gegner Franz Josef Gstrein wurde vor 60 Jahren ermordet. Seine Kinder erhielten jetzt eine "finanzielle Wiedergutmachung". Aus den verschiedensten Gründen ist die "Wiedergutmachung" von NS-Verbrechen erst heute ein breiter diskutiertes Thema in Österreich. Angesichts dieser unvergleichlichen Verbrechen stellt sich allerdings die grundsätzliche Frage, ob NS-Opfer überhaupt finanziell "entschädigt" werden können bzw. wie so eine "Entschädigung" bemessen sein soll. Kein Geld der Welt kann ihnen die zerstörte Familie, die verlorene Heimat, die beschädigte Kindheit oder die unersetzliche Gesundheit zurückgeben!

Die Republik Österreich hat sich allzu lange auf die "Opfertheorie" berufen und den Anteil an österreichischen Mittätern(innen) heruntergespielt. Der berühmt-berüchtigte Satz von SPÖ-Innenminister Oskar Helmer "Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen" prägte nach 1945 viele Fragen der Restitution und Wiedergutmachung.[33]

Es kam zwar bereits 1945 bzw. 1947 zu einem Opferfürsorgegesetz[34]. Dieses Gesetz begrenzte den Kreis der Anspruchberechtigten sehr eng, indem es in erster Linie politisch Verfolgte bzw. Widerstandskämpfer(innen) in Betracht zog. Mehr als 40 Novellen folgten, die jedoch bis heute nicht alle Opferkategorien in gleichem Maße "entschädigten": Homosexuelle fallen zum Beispiel bis heute heraus. Die Frage der "Deserteure" ist bis heute noch sehr umstritten, und die Haltung von "Wehrdienstverweigerern" hat erst in allerjüngster Zeit eine neue Bewertung erfahren.

Brigitte Bailer-Galanda, die sich sehr intensiv mit dem Opferführsorgegesetz auseinandergesetzt hat[35], merkt kritisch an, "dass es in erster Linie den Zweck der Erfassung des österreichischen Widerstandes, der Herausstreichung seiner Verdienste in der Öffentlichkeit und damit im Hinblick auf die Moskauer Deklaration als Nachweis des eigenen Beitrags zu seiner Befreiung hätte dienen sollen und nur in zweiter Linie der konkreten Befürsorgung der Opfer des Widerstandkampfes."[36] Die Opfer der nationalsozialistischen Erbgesundheitsgesetze (Zwangssterilisierte, "Euthanasie"-Opfer), oder jene, die von den NS-Behörden als angeblich "Asoziale" oder "Arbeitsscheue" in ein Lager gesteckt wurden, wurden durch das OFG nicht berücksichtigt.[37]

Hannah M. Lessing, die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalfonds, beantwortete die Frage "Was ist Wiedergutmachung?" bei einem Vortrag im Jüdischen Museum in Hohenems am 22.Februar 2002 wie folgt:

"Auch nach fast sieben Jahren Nationalfonds kann ich diese Frage nicht beantworten. Den Stimmen von Überlebenden entnehme ich immer wieder, dass sie sich des Gefühls nicht erwehren können, dass ihr Leid auf Pauschalbeträge und Geldsummen reduziert wird. Dem Wunsch vieler Antragsstellenden entsprechend, bemüht sich der Nationalfonds daher auch um die Vermittlung der historischen Tatsachen. Der Nationalfonds unterstützt daher Projekte, die sich der Erarbeitung und der Verarbeitung der Geschichte annehmen. Es werden auch Projekte gefördert, die über Rassismus, Antisemitismus und Xenophobie aufklären ... Zur Diskussion, ob Geldleistungen adäquat sind oder nicht, möchte ich abschließend bemerken, dass, solange wir im Nationalfonds Menschen betreuen, die durch die Hölle gegangen sind und heute in bitterer Armut, krank und alleine in irgendeinem fernen Land, aber auch hier unter uns leben, es sehr wohl weiterhin sich auch um Geld drehen wird, um diesen Menschen einen würdigen Lebensabend geben zu können."[38]

Dem Antrag der Kinder von Franz Josef Gstrein auf "Wiedergutmachung" wegen der staatlich angeordneten Ermordung ihres Vaters wurde entsprochen, obwohl seit der Tat 60 Jahre vergangen sind. Emilie Dalpalu verstarb am 4. August 2001 im Pflegeheim in Dornbirn. Dass sie die Zuwendung aus dem Entschädigungsfonds noch erleben durfte, war für sie eine große Genugtuung. Doch der "Fall Gstrein" ist noch nicht abgeschlossen. Jener Antrag, den Frau Dalpalu im Frühsommer 2001 beim "Allgemeinen Entschädigungsfonds für die Opfer des Nationalsozialismus" eingebracht hat, ist noch nicht erledigt. Dieser Entschädigungsfonds wurde im Jänner 2001 vom österreichischen Nationalrat beschlossen. Er sieht eine Pauschalabgeltung für Vermögensverluste von Opfern des Nationalsozialismus vor. Eine Kommission wird eine Bewertung des materiellen Verlustes vornehmen. Dann wird man die Anzahl der Antragssteller überprüfen und nach einem Schlüssel die vorhandenen 210 Millionen Dollar aufteilen. In diesem Antrag nach § 2 b des Nationalfondgesetzes heißt es: "Die Tochter, Frau Emilie Dalpalu, verlor alles, was sie hatte. Die Wohnung musste aufgegeben werden. Die zurückgebliebenen Kinder ... wurden auseinandergerissen." [39]

Darunter leiden selbstverständlich auch die Enkel. Deshalb versucht Dr. Helmuth Mäser die Stadt Dornbirn dazu zu bewegen, aus einem "Sondertopf" jene Kosten zu ersetzen, die durch den Pflegeheimaufenthalt von Frau Dalpalu entstanden sind. "Das erlittene Unrecht" - so der Rechtsvertreter des Enkels von Franz Josef Gstrein - "kann durch Nichts wiedergutgemacht werden, jedoch eine gewisse Wohltat kann, wie die historische Abwicklung des Falles des Herrn Franz Josef Gstrein belegt, auch heute noch gemacht werden."[40] Mit der Aufhebung des Zahlbescheides für den Enkel und Erben könnte die Stadt - in Analogie zum "Versöhnungsfonds" - eine Geste setzen.

Die materielle Entschädigungsebene für die Nachkommen ist die eine Seite des "Falles Gstrein". Es geht aber auch um Aufklärung und Bewusstmachung der verbrecherischen NS-Politik. Der "Fall Gstrein" zeigt exemplarisch, dass gängige Vorurteilsmuster über die damaligen Patienten in der Valduna und den angeblichen "Gnadentod" prinzipiell zu hinterfragen sind. Wie schwierig es jedoch zum Beispiel noch heute ist, Nachkommen von "Euthanasie"-Opfer zu einer namentlichen Nennung auf einem Gedenkstein zu bewegen, zeigt sich immer wieder.[41]

Die Namensnennung von NS-Opfern auf Denkmälern ist nicht unumstritten. Die FPÖ-Fraktion lehnte seinerzeit die Inschrift auf dem Gedenkstein im Rathauspark ab. Dr. Reinhard Bösch schlug damals unter der Prämisse, dass "der Opfer des Krieges in gleichem Atemzug wie der Opfer der Justiz und zivilen Verwaltung gedacht wird und keine Namen der Opfer genannt werden, folgenden Text vor: 'In Ehrfurcht gedenkt die Stadt der Opfer des Krieges und der politischen Gewalt.'"[42] Ein Konsens innerhalb der Stadt konnte trotz der intensiven Bemühungen vom damaligen Bürgermeister Rudolf Sohm nicht hergestellt werden. Die FPÖ beharrte auf ihrer Position und blieb bei ihrer alle Kategorien verwischenden Formulierung. Eine spezielle Ehrung der Hingerichteten, der in KZs und Tötungsanstalten Ermordeten lehnte sie kategorisch ab, und sie wollte einen bis zur Unkenntlichkeit ausgeweiteten "Opferbegriff" durchsetzen.

Die Ermordung Franz Josef Gstrein erfolgte eindeutig aus politischen Gründen. Die "Diagnose" im Totenschein ist frei erfunden. Die Kategorisierung als "Euthanasie"-Opfer evoziert noch heute vielfach völlig falsche Vorstellungen: Viele denken nach wie vor nur an Schwerstbehinderte, die den "Gnadentod" erhalten haben - und die Zustimmung zu dieser NS-Tötungsmaßnahme ist auch heute nicht verschwunden. Dass auch sogenannte "Asoziale", Alkoholiker oder mehrfache ledige Mütter wegen ihres allzu freien Sexuallebens "euthanasiert" worden sind, wird oft "übersehen". Deshalb ist die Diskussion über die damalige Tötungsmaschinerie auch heute noch so wichtig.

Wer von den Opfern spricht, muss auch über die Täter sprechen: Über die Ärzte, das Krankenpflegepersonal, über jene, die die Transporte durchgeführt haben - und über jene, die die Massenermordungen noch nachträglich gebilligt haben.

Franz Josef Gstrein war für die damals Herrschenden eine widerspenstige Person, die nicht mitmachte, sich querstellte, die unangepasst war, er galt als "Volksschädling", der skrupellos "beseitigt" wurde. Die Diagnose "Paralysis progressiva" war frei erfunden.[43] Sein Schicksal sollte deshalb in vielfacher Hinsicht Mahnung sein. Sein gewaltsamer Tod zeigt, unter welchen Vorwänden in einer Diktatur politisch Missliebige stigmatisiert und liquidiert werden können.

Eine weitere grundsätzliche Fragestellung soll an Hand dieses Valduna-Opfers nur angerissen werden. Die fingierte Einlieferungsdiagnose lautete "hirnorganische Erkrankung". Der "Patient" galt - aus NS-Sicht - als "unheilbarer Schwachsinniger", der den "gesunden Volkskörper" schädigt und unverhältnismäßige Kosten verursacht.

Zu Beginn der Neunzigerjahre hat der Historiker Götz Aly die Diskussion um die NS- "Euthanasie", die Krankenmorde, die sogenannte "Vernichtung lebensunwerten Lebens" um eine wichtige Dimension erweitert. Er hat die "T 4-Aktion" in den Gesamtzusammenhang der "Endlösung der sozialen Frage" gestellt.

Die Deportation und Ermordung psychisch kranker und geistig behinderter Menschen während der NS-Gewaltherrschaft ist auch auf dem Hintergrund der zentralen Fragestellung zu sehen: "Was machen wir mit Menschen, die nicht mehr industriell brauchbar sind, wofür sind sie überhaupt da und wie viel dürfen sie kosten? Wie viele Behinderte kann sich ein Staat leisten? Was dürfen diese kosten?"[44] Diese Fragen haben nicht erst - und nur - die Nationalsozialisten gestellt. Diese inhumane Kosten-Nutzen-Rechnung taucht bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf und hat im Zuge der Industrialisierung an Brisanz und Schärfe gewonnen hat. Im sogenannten "Zeitalter der Globalisierung" und des "Neoliberalismus" gewinnt sie wieder zunehmend an Aktualität.

Wenn man die Menschengruppen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und in Vernichtungsanstalten und KZs umgebracht wurden, auflistet, stellt man fest, dass die meisten von ihnen auch unter die obige Definition der "sozialen Frage" fallen: psychisch Kranke, geistig Behinderte, Homosexuelle, Sinti und Roma, Kriegsdienstverweigerer, "Asoziale" oder politisch Missliebige, die im System "nicht funktionieren".

Dass in der Zeit des Nationalsozialismus die "Vernichtung lebensunwerten Lebens" möglich war, liegt auch daran, dass sozialdarwinistisches Gedankengut schon vor 1933 nicht nur in Wissenschaftskreisen, sondern in populärer Form sich zum Gemeingut einer riesigen Anhängerschaft entwickeln konnte. Die "Rassenhygiene", die in der Selektion von "Trägern negativen Erbguts" die Wahrung eines "gesunden Volkskörpers" bzw. die "Aufartung der arischen Rasse" und damit die angebliche "Förderung des Volkswohles" postulierte, drang in viele humanwissenschaftliche Bereiche vor, vor allem auch in die Psychiatrie. Die Nationalsozialisten setzten dann ungehemmt die Ideen dieser erbbiologischen Rassenfanatiker in die Tat um. Bereits das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933 war ein wichtiger Schritt in Richtung "T4-Aktion".[45]

Franz Josef Gstrein hat aus der Sicht der Nationalsozialisten "nicht funktioniert". Mit der Aufdeckung des wahren Hintergrundes der "Vergasung" von Franz Josef Gstrein ist der Nachweis gelungen, dass von der Valduna aus zumindest ein sogenannter "Patient" allein wegen seiner NS-Gegnerschaft in den Tod geschickt worden ist. Er ist ein Opfer der "Wilden Euthanasie" geworden. Auch nach der offiziellen Einstellung der "Aktion T 4" wurde weiter gemordet, meist direkt in den Anstalten oder Krankenhäusern, indem Medikamente verabreicht wurden oder eigene "Hungerstationen" eingerichtet wurden. Die Opfer, unter ihnen akut Kranke, "Unangepasste" oder Verhaltensgestörte kamen u.a. aus Altersheimen, aus Fürsorgeeinrichtungen oder aus Lagern. Die Tötungsmaschinerie funktionierte ungehindert, sie erfasste auch Menschen wie Franz Josef Gstrein.

Dass er in Bludenz geboren wurde, sollte kein Hindernis sein, ihn auf dem Dornbirner NS-Gedenkstein zu verewigen. Seine Einweisung in die Valduna und seine anschließende Ermordung im Schloss Hartheim bzw. in Niedernhart haben dazu geführt, dass seine Kinder nach Dornbirn gekommen sind. Seine Tochter Emilie Dalpalu hat bis zu ihrem Tod hier gelebt, seine Enkel Ingo und Günter Jochum sind "Dornbirner". Damit ist der Antrag auf "Ergänzung des Gedenksteins hinsichtlich eines Opfers auf Grund des nationalsozialistischen Terrors" hinreichend begründet.[46]


[1] Am 14. November 1988 überreichte der damalige Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft, Dr. Harald Walser, dem Dornbirner Bürgermeister Rudolf Sohm eine Gedenktafel mit den Namen von elf NS-Opfern. Der Bürgermeister versprach, "die Gedenktafel an einem würdigen Ort in der Stadt anzubringen". Doch diese Zusage wurde nicht eingehalten, und es begann ein fünfjähriges Tauziehen, das heftige öffentliche Diskussionen auslöste.

[2] Trotz intensivster Bemühungen seitens des Bürgermeisters stimmte die FPÖ nicht zu. Der Historiker Dr. Bösch (derzeit Bundesrat) forderte namens seiner Fraktion: 1. Nennung der Kriegsopfer (Gefallenen) und der politischen Opfer auf einer Tafel. 2. Keine Namensnennung.

[3] Sterbeurkunde des Standesamtes Linz vom 16.4.1943, Nr. 2382/1942

[4] Schreiben von Gerhard Marckhgott, Oberösterreichisches Landesarchiv, 31.12.1998.

[5] Der erste Transporte nach Hall erfolgte am 10. Februar 1941 (132 Insassen), drei weitere am 8. und 24. März sowie am 13. Mai (insgesamt 227 Insassen). Leiter der Anstalt in Hall war Ernst Klebesberg.

[6] Schreiben des Landeskrankenhauses Rankweil an Emilie Dalpalu, Tochter von Franz Josef Gstrein, wohnhaft in Dornbirn, Nachbauerstraße 24, 6. August 1998. Frau Emilie Dalpalu verstarb am 4. August 2001.

[7] Siehe dazu Egger, Gernot: Ausgrenzen - Erfassen - Vernichten. Arme und „Irre“ in Vorarlberg. (= Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs 7) Bregenz 1990, S.204.

[8] 1940 wurden Patienten aus Hall in die Valduna verlegt, die rückdeportiert wurden.

[9] Zur Geschichte der Valduna während der NS-Zeit siehe auch Schneider, Hubert/Schnetzer, Norbert: Valduna in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Schnetzer (Norbert)/ Sperandio (Hans) (Hg.): 600 Jahre Valduna: der lange Weg – vom Klarissinnenkloster zum Landeskrankenhaus. Rankweil 1999, S. 85 – 122. Tu „Eutanasie-ein konkretes Programm siehe S. 94 ff.

Insgesamt sind in die Valduna während der nationalsozialistischen Zeit 779 Personen eingewiesen worden, 419 wurden wieder entlassen. 225 wurden deportiert.165 von ihnen sind in Hartheim/Niedernhart zu Tode gebracht worden, 76 starben in der Valduna.

[10] Bundesgesetzblatt Nr. 432/1995.

[11] Dieses Protokoll wurde mir dankenswerterweise von Dr. Ingrid Böhler zur Verfügung gestellt. StAD, Stadtpolizei Dornbirn an die Kriminalabteilung für Vorarlberg in Feldkirch, 26.10.1946. Bestand Dr. Schneider, Landeskrankenhaus Valduna.

[12] Ebenda. Rechtschreibung und Grammatik beibehalten.

[13] Sie war mit Bruno Dalpalu in 2. Ehe verheiratet. Bruno Dalpalu verstarb am 10.4.1975.

[14] Schreiben von Emilie Dalpalu geb. Gstrein vom 17.8.1998 an das Bundesministerium für Inneres.

[15] Schnetzer,Norbert/ Schneider, Hubert: 600 Jahre Valduna. In Kultur. Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Jg. 14, 1999, Nr. 9, S. 54 – 58, hier S. 56.

[16] Schreiben von Peter Schwarz (DÖW) an Frau Friedl Gstrein, Gattin von Alois Gstrein, vom 20.10.1998.

[17] Schreiben von Dr. Helmuth Mäser an Univ. Prof. Dr. Jabloner vom 22.7.1999.

[18] Schreiben von Dr. Helmuth Mäser an Dr. Kurt Wegscheidler vom 22.6.1999 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) und an Mag. Hannah Lessing (Nationalfonds).

[19] Schreiben von Dr. Kurt Wegscheidler an Dr. Helmuth Mäser vom 15. Juli 1999.

[20] Amt der Vorarlberger Landesregierung, Zl. IVa-168594-99, 11.8.1999.

[21] Mitteilung von Dr. Helmuth Mäser vom 23.3.2000.

[22] Gespräch mit Emilie Dalpalu am 19.2.2002.

[23] Aktenvermerkt Dr. Helmuth Mäser vom 28.3.2000.

[24] Agnes Albrecht geb. Gstrein lebte nach dem Krieg zunächst in Uster (CH). Aus der Ehe mit Albert Albrecht stammt ein Sohn namens Guido.

Günter Jochum, der Sohn von Emilie Dalpalu, gibt an, dass er nach dem Krieg mehrmals bei seiner Tante zur Erholung gewesen sei. Guido hielt sich mehrere Male in Dornbirn auf. Sein heutiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Seine beiden Töchter allerdings waren bei der Beerdigung von Frau Dalpalu in Dornbirn.

[25] Fragebogen des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, ausgefüllt am 22.7.1999.

[26] Ebenda.

[27] Aktenvermerkt Dr. Helmuth Mäser vom 28.3.2000.

[28] Gespräch mit Emilie Dalpalu, 1.2.2000. Fast wortident in ihrem Antrag an den Nationalfonds.

[29] Zitiert nach Böhler, Ingrid: Dornbirn 1914-1945. In: Weitensfelder, Hubert/Böhler, Ingrid/Matt, Werner: Geschichte der Stadt Dornbirn II. Von der Frühindustrialisierung bis zur Jahrhundertwende, Dornbirn 2002, S. 131-245, hier S. 219. Faksimile des Schreibens ist abgebildet.

[30] Zum Rüstungsbetrieb C.A. Steinheil und Söhne siehe Walser, Harald: Bombengeschäfte. Vorarlbergs Wirtschaft in der NS-Zeit. (= Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs 6) Bregenz 1989, S. 317 ff.

[31] Aktenvermerk Dr. Helmuth Mäser vom 28.3.2000.

[32] Ebenda. Auch Gespräch mit Emilie Dalpalu, 1.2.2000.

[33] Knight, Robert: „Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen“ . Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung von 1945 – 52 über die Entschädigung der Juden. Frankfurt am Main 1988.

[34] 1947: Bundesgesetz über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich und die Opfer politischer Verfolgung (OFG).

[35] Siehe dazu Bailer, Galanda: Die Entstehung der Rückstellungs- und Entschädigungsgesetzgebung. Die Republik Österreich und das in der NS-Zeit entzogene Vermögen. Wien 2003.

Diese Arbeit ist im Auftrag der Österreichischen Historikerkommission verfasst worden. Insgesamt liegen seit 2003 als Ergebnis der Kommissionsarbeit 33 Bände zu diversen Themenstellungen bezüglich des NS-Vermögensentzugs vor.

[36] Zitiert nach Redemanuskript von Hannah Lessing, Vortrag im Jüdischen Museum in Hohenems, 25.2.2002.

[37] Siehe Bailer-Galanda, Brigitte: Die sogenannte „Wiedergutmachung“. In: Bailer-Galanda Brigitte u.a. (Hg.): Wahrheit und „Auschwitzlüge“. Wien 1985, S. 183-192, hier S. 186.

[38] Redemanuskript von Hannah Lessing, Vortrag im Jüdischen Museum in Hohenems, 25.2.2002, S. 10 f.

[39] Dr. Helmuth Mäser, Schreiben an das Amt der Stadt Dornbirn vom 26.11. 2001.

[40] Gespräch mit Dr. Dr. Helmuth Mäser, 3. August 2002.

[41] Gemeinsam mit Norbert Schnetzer hat der Autor im Jahre 1995 im Auftrag der Gemeinde Rankweil einen Forschungsbericht über die Rankweiler NS-Opfer erstellt. Dieser Bericht sollte Grundlage für die Errichtung eines Gedenkstein sein. Die Umsetzung ist nicht zuletzt an der Namensnennung eines „Euthanasie“-Opfers gescheitert. Rankweiler-Opfer siehe Schneider, Hubert/Schnetzer, Norbert: Valduna in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 109 ff.

Besonders negative Erfahrungen machte diesbezüglich Gernot Egger. Nach der Veröffentlichung seiner Studie versuchte er Angehörige und Nachkommen von Valduna-Opfern zu einer Todesanzeige in den Vorarlberger Nachrichten zu bewegen. Nur eine Handvoll war dazu bereit!

[42] Amt der Stadt Dornbirn, Zl. 110-NS, 28.5.1991.

[43] Zu den gestellten „Diagnosen“ siehe Statistik bei Schneider, Hubert/Schnetzer, Norbert: Valduna in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 100.

[44] Beck, Christoph: Sozialdarwinismus – Rassenhygiene – Zwangssterilisation und Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens. Eine Bibliographie zum Umgang mit behinderten Menschen im „Dritten Reich“ – und heute. Bonn 1992, S. VIII.

[45] „T4 –Aktion“ deswegen, weil die Meldebogen aus den Anstalten über Sonderkuriere in die Tiergartenstraße 4 in Berlin gelangten, wo sie geprüft wurden.

[46] Antrag an die Stadt Dornbirn liegt vor.



 

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