03.07.2007 - "Wollen restlose Aufklärung"

Silbertal will nun die Vergangenheit des NS-Massenmörders Josef Vallaster aufarbeiten.

Vorarlberger Nachrichten, S. A6


Schwarzach (VN-sd) "Wir nehmen die Sache sehr ernst", sagt jetzt der Silbertaler Bürgermeister Willy Säly. Die Gemeindevertretung wollte sich gestern Abend mit der Causa Vallaster ausführlich befassen. "Wir verurteilen diese abscheulichen Kriegsverbrechen auf das Schärfste und wollen restlose Aufklärung seiner Taten", sagt der Gemeindechef.

Klaus Vallaster

Klaus Vallaster, der Sohn von Josef Vallaster. (Foto: Vallaster)

Als nächster Schritt soll in einer Arbeitsgruppe - bestehend aus Bürgern, Politikern und Historikern - die Nazi-Vergangenheit von Vallaster im Silbertal aufgearbeitet werden. Dort soll auch festgelegt werden, wie es weitergeht und ob der Name des Kriegsverbrechers vom Gedenkstein für die Opfer der Weltkriege entfernt werden wird. Josef Vallasters Sohn Klaus hat "gar keine Bedenken, wenn der Name meines Vaters entfernt wird. Ich empfand dieses Denkmal immer als äußerst hässlich".

Wir haben bis zu den ersten Berichten in den "VN" vor ein paar Tagen ganz einfach nichts gewusst", verteidigt sich Säly. Er hatte in einer ersten Stellungnahme angezweifelt, dass Josef Vallaster am Massenmord von 250.000 Juden und Behinderten beteiligt gewesen war.

Wir wollten und wollen die Machenschaften von Vallaster weder verharmlosen noch verdrängen oder verheimlichen. Im Gegenteil", sagt Säly.

Man sei einfach überrascht worden. "Das hat vielleicht in dem einen oder anderen Fall für verwirrende Aussagen gesorgt", sagt das Gemeindeoberhaupt. "Es ist bedauerlich, dass wir falsch verstanden wurden. Wenn jemand dadurch gekränkt oder verletzt wurde, möchten wir uns dafür entschuldigen."

Anfrage im Landtag

In einer Landtagsanfrage an den Landeshauptmann fordern die Grünen eine kritische Aufarbeitung der NSVerbrechen von Josef Vallaster und der Verstrickung von Vorarlberg ins Dritte Reich.

Der heilsame Schmerz

Der aus dem Silbertal stammende Grafik-Designer Reinhold Luger wünscht sich eine kritische, aber behutsame Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Dorf seiner frühen Kindheit:

Sinnvoll wäre, wenn das Land oder der Stand Montafon sich dieser schwierigen Thematik annehmen würde und mit Hilfe von Experten, Mediatoren und Historikern ein Prozess eingeleitet wird, bei dem gemeinsam mit allen Silbertalern die Materialien zum Fall Vallaster gesichtet und besprochen werden."

Soll der Name von Josef Vallaster vom Silbertaler Gedenkstein entfernt werden?

Soll der Name von Josef Vallaster vom Silbertaler Gedenkstein entfernt werden? (Fotos: Hofmeister, Vallaster)

Dabei sei darauf zu achten, dass "keine Verwandten in Sippenhaft genommen werden", dass niemand moralisch verurteilt werde, dass das 900 Einwohner zählende Silbertal "nicht gespalten wird".

NS-Aufarbeitung sei zwar "ein mühsamer, schmerzhafter Prozess", aber ein notwendiger und letztlich heilsamer. "Sonst wird ein wirkliches Zusammenleben nicht gelingen", meint der ehemalige 68er.

Die Verantwortung fürs eigene Leben soll man keinem Führer überantworten.
REINHOLD LUGER, Ex-68er

Reinhold Luger

Reinhold Luger

 

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