18.06.2012 - Grüne wollen Krypta am Burgtor vorübergehend schließen
18.06.2012
(DiePresse.com)
Die Grünen üben nach wie vor heftige Kritik an der Krypta am Wiener Burgtor. Sie fordern eine Schließung bis zur Neugestaltung. Dass Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) am Sonntag den SS-Kriegsverbrecher Josef Vallaster aus einem der dort aufliegenden Totenbücher gestrichen hat, ist dem Grünen Abgeordneten Harald Walser zu wenig. Die gegenwärtige Gedenksituation am Äußeren Burgtor sei "eine Zumutung", sagte er am Montag.
Darabos mutiere zum "vergangenheitspolitischen Selbstverteidigungsminister" und reagiere immer nur auf Zurufe der Grünen, so Walser. Die Streichung des Namens sei "bitte eine Selbstverständlichkeit". Die Regierung, insbesondere Darabos, sei durch "Untätigkeit" in den vergangenen Monaten mitschuldig geworden, dass der Heldenplatz eine Art "Spielplatz für die Ewiggestrigen" geworden sei. Symbolisch sperrte Walser am Montag mit einem Absperrband die Krypta.
Streichung löst das Problem nicht
Einzelne Kriegsverbrecher aus den Totenbüchern zu streichen, greife
zu kurz, sagte Walser. Notwendig sei vielmehr ein Gedenken an jene, die
für ein freies und demokratisches Österreich gekämpft haben.
Dementsprechend brauche es eine komplette Neugestaltung unter
Einbeziehung internationaler Experten.
Symbolisch sperrt Harald Walser (Grüne) mit einem Absperrband die Krypta.
Bild: dapd
Quelle:
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Historiker hält Darabos' Heldenplatz-Pläne für "Gemurkse"
18. Juni 2012
"Schließt
die Krypta", fordert der Grün-Abgeordnete Harald Walser, und schritt
mit dem Absperrband gleich selbst zur Tat - allerdings nur fürs Foto.
foto: derstandard.at/mas
Historiker Walter Manoschek hält Darabos' Pläne für "Gemurkse".
foto: derstandard.at/mas
Auszug aus einem der Totenbücher: Auch SS-Angehörige werden hier geehrt.
foto: derstandard.at/mas
Grüne fordern Schließung der Krypta am Heldenplatz: Gedenken an Wehrmachtssoldaten sei "keine Staatsaufgabe"
Harte
Worte findet der Historiker Walter Manoschek zum
öffentlichkeitswirksamen Auftritt von Verteidigungsminister Norbert
Darabos (SPÖ), der am Sonntag eigenhändig den Namen eines
NS-Kriegsverbrechers aus den Totenbüchern der Krypta am Heldenplatz
gestrichen hat (derStandard.at berichtete).
Dass Darabos in den kommenden vier Monaten sämtliche Totenbücher überprüfen lassen will, um danach alle Namen von Kriegsverbrechern daraus entfernen zu lassen, sei "unmöglich, ein Unsinn und ein Gemurkse", sagt Manoschek. Der Professor am Institut für Staatswissenschaft der Uni Wien sprach sich Montagvormittag auf einer Pressekonferenz des Grünen Abgeordneten Harald Walser klar gegen die Krypta-Umgestaltungspläne aus.
In den zehn Totenbüchern zum Gedenken an die Gefallenen des Zweiten
Weltkrieges finden sich Namen von Wehrmachtssoldaten genauso wie Täter
der SS und Waffen-SS. Jeden Tag betreten Bundesheerangehörige die
Krypta, um jeweils eine Seite in den Totenbüchern umzublättern. Der
Grün-Abgeordnete Harald Walser hatte dies bereits Anfang März in einer
parlamentarischen Anfrage an Darabos thematisiert. Darabos kündigte
daraufhin an, Änderungen an der Krypta vornehmen zu lassen.
Kriegsverbrecher streichen
Am Sonntag präzisierte Darabos schließlich seine Pläne: Er wolle das nationale Kriegsarchiv beauftragen, die Totenbücher zu durchforsten - und dann alle Namen von Kriegsverbrechern daraus entfernen lassen. Manoschek hält das für unrealistisch: Mehrere Tausend Biografien der in den Totenbüchern genannten Soldaten zu recherchieren, das sei "ein Forschungsprojekt, das mich die 30 nächsten Jahre beschäftigen würde". Laut Darabos soll das Projekt jedoch bis 26. Oktober abgeschlossen sein.
Selbst, wenn es denkbar wäre, die Namen der Kriegsverbrecher zu recherchieren, so wäre dies dennoch nicht sinnvoll, so Manoschek: "Das geht am Kern der Sache vorbei: Ein österreichisches Denkmal kann niemals jenen gelten, die gegen die Errichtung des Staates Österreich gekämpft haben", so der Historiker. Doch genau darum gehe es beim Krypta-Gedenken: In den Totenbüchern werden gefallene Soldaten der Wehrmacht aufgezählt - unter ihnen auch viele Angehörige der SS und der Waffen-SS.
Die Grünen fordern eine Schließung der Krypta am Heldenplatz. Dass
Darabos den Namen eines bekannten Kriegsverbrechers aus der Gedenkstätte
entfernen hat lassen, ist Harald Walser keine Wort des Lobes wert: "Das
ist eine Selbstverständlichkeit - andernfalls hätte sich der Minister
nach dem Verbotsgesetz strafbar gemacht".
Gefallenen-Gedenken "Privatsache"
Dass der Staat Österreich weiterhin der Wehrmacht und der SS gedenke, sei "ein Schlag in die Gesichter all jener, die für ein freies, unabhängiges und demokratisches Österreich gekämpft haben", meint Walser. Ein solches Gedenken sei Sache jener Familien, die Angehörige im Krieg verloren haben, aber keinesfalls Staatsaufgabe. Schließlich hätten diese Soldaten ja die Errichtung genau dieses Staates zu verhindern versucht.
Die Grünen fordern eine "museale Verwertung" der Totenbücher - die Krypta hingegen solle "unter Einbeziehung internationaler Experten neu gestaltet werden", fordert Walser. (Maria Sterkl, derStandard.at, 18.6.2012)