24.10.2013 - Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933-1938
Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933-1938, 632 Seiten, Wien: Lit Verlag 2013, broschiert € 34,90, gebunden € 79,90
In den 1930er Jahren vollzogen sich in Österreich, wie in anderen europäischen Ländern, einschneidende politische Veränderungen. Sie kumulierten in der Etablierung des Austrofaschismus. Dieses Herrschaftssystem wird von Emmerich Tálos, einem ausgewiesenen Kenner der Materie, erstmals einer umfassenden Untersuchung unterzogen. Analysiert werden: Konstituierungsprozess, ideologisches Selbstverständnis, die politischen Strukturen, zentrale Akteure, die Um- und Neugestaltung der wesentlichen Politikfelder, die politische Stimmungslage, die folgenreichen Beziehungen zu Italien und zu Deutschland.
„Die Jahre 1933 bis 1938 zählen nach wie vor zu den umstrittensten Phasen in der österreichischen Politikgeschichte”, sagt Emmerich Tálos. Das Buch ist in acht Abschnitte gegliedert, von der Entwicklung des Austrofaschismus über die Träger und Akteure sowie die Stimmungslage in der Bevölkerung bis zum „Anschluss” Österreichs an Deutschland.
Tálos bettet das Herrschaftssystem in den internationalen Faschisierungsprozess ein und begründet, warum die Bezeichnung Austrofaschismus und nicht etwa Ständestaat oder Imitationsfaschismus seiner Ansicht nach treffend ist. Die Anleihen beim italienischen Faschismus, teils auch beim deutschen, sowie die eigenen Besonderheiten machen diesen Begriff angemessen. Der Austrofaschismus weist insbesondere Ähnlichkeit mit dem italienischen Faschismus auf. Ein hinreichendes Verständnis des "Anschlusses" im März 1938 ist nur vor dem Hintergrund des Austrofaschismus möglich.
Tálos stützt sich in seiner Untersuchung auf zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten sowie auf Quellen, die bisher nur schwer einsehbar waren, etwa den Archivbestand der Vaterländischen Front, der aus Moskau nach Wien transferiert wurde. So konnte er sich auch bisher unbehandelten Aspekten, wie der politischen Stimmung in der Bevölkerung während der austrofaschistischen Herrschaft, widmen. Das Buch zeigt, wie sich der Austrofaschismus nicht nur in der Regierung, sondern auch auf den Straßen und in den Vereinen entwickelte.
„Beim Austrofaschismus ging es um eine endgültige und dauerhafte Veränderung der politischen Strukturen”, sagt Tálos. Auch der Rolle des Antisemitismus in den Jahren 1933–1938 widmet sich das Werk.
Das Werk richtet sich an Experten sowie an Leser, die sich noch wenig mit dieser Zeit beschäftigt haben.
Emmerich Tálos, Studium der Kath. Theologie und Geschichte in Wien und Tübingen, der Politikwissenschaft am Institut für Höhere Studien/Wien, Habilitation für Politikwissenschaft 1980, ab 1983 Professor am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien (seit 1.10.2009 formell im Ruhestand). Zahlreiche Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zu den Arbeitsschwerpunkten: Sozialstaat , Wohlfahrtsstaatsvergleich, Sozialpartnerschaft, politische Entwicklung Österreichs im 20. Jahrhundert
Veranstalter:
Grüne Bildungswerkstatt, Renner-Institut,
ACUS, Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Vorarlberger
Landesbibliothek, Johann-August-Malin-Gesellschaft