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06.10.2001 / Leserbrief: "Mein ist die Vergeltung"

Vorarlberger Nachrichten


Herr Kaspar Kaufmann wirft Mag. Ulrich Gabriel in seinem Leserbrief vom 4.10.2001 vor, dieser müsse "ziemlich viel negative Fantasie" haben, weil er das Dornbirner Kriegerdenkmal an der Fassade von St. Martin nicht als Mahnmal gegen den Krieg auffasse.

Das angesprochene Riesenfresko  von Josef Huber zeigt - so  Dr. Andreas Ulmer 1924 - die "endliche Überwindung der vielköpfigen feindlichen Hydra", die "im letzten Weltkrieg ihr zersetzendes Gift aus vielen gähnenden Rachen, als da sind Lüge, Heuchelei, Verrat, Niedertretung des Völkerrechts, Raub und brutale Aussaugung der Unterlegenen, auf die arme Menschheit verspritzte." Und  die Einweihungsrede von Bischof Waitz ließ damals an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Seine Predigt stand unter dem Bildmotto "Mein ist die Vergeltung".

Katholische Geistliche haben  im 1. WK. die Waffen beider Seiten gesegnet und den Krieg verherrlicht. Ulrich Gabriel hat selbstverständlich völlig Recht, wenn er feststellt, auch die katholische Kirche habe nach 1918 zur Kriegsverherrlichung beigetragen.

Mit der neuen demokratischen Ordnung konnte sich Bischof Waitz nicht anfreunden: Die Demokratie war für ihn schlichtweg "Satanokratie", die schnellstmöglich überwunden werden musste. 1933 war es unter Dollfuß so weit, und von 1939 an fielen wieder "Helden für das Vaterland".

Heute ist es tatsächlich an der Zeit, alle "Kriegerdenkmäler" in Vorarlberg einmal prinzipiell zu hinterfragen, die Texte auf diesen Denkmälern zu durchforsten und sie durch völlig neu gestaltete  "Mahnmäler" zu ersetzen. Dann könnte man auch jene gerecht würdigen, die "ihre Pflicht" in zwei Weltkriegen aus den verschiedensten Gründen nicht getan haben: die "Deserteure", denen bis heute zum Teil das Odium des "Verräters" anhaftet.

Dr. Werner Bundschuh, Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft