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Leo Haffner: Ein besessener Vorarlberger. Elmar Grabherr und die Ablehnung der Aufklärung

Hohenems: Bucher Verlag 2009, 310 Seiten, Hardcover, 46 Abb., ISBN 978-3-902612-71-7, € 24,00

 

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Das vorliegende Buch macht Zeitgeschichte nicht nur aus der Sicht des "spätgeborenen" Forschers erlebbar. Der Autor lässt auch Akteure und Zeitzeugen ausführlich selbst zu Wort kommen. Besonders brisantes Material enthalten die Tagebücher des ÖVP-Politikers und Nazi-Gegners Karl Tizian sowie Privatbriefe des ehemaligen NSDAP-Mitglieds Elmar Grabherr. Leo Haffner hat sie in langjähriger Arbeit zusammen mit anderen Quellen akribisch ausgewertet, Zeitzeugen befragt und nach den Ursachen der verhinderten Aufklärung seit dem 19. Jahrhundert geforscht. Das Buch gibt Einblick in die inneren Machtverhältnisse Vorarlbergs nach 1945 und zeigt die Spätfolgen der NS-Ideologie auf. Grabherr, ehemals loyaler Gefolgsmann von Gauleiter Franz Hofer, wurde als Landesamtsdirektor (1955-1976) zum Wortführer der völkischen Alemannenideologie. Tizian, Bregenzer Bürgermeister und Landtagspräsident, setzte auf kulturelle Offenheit. Bereits als Student erkannte er klar den wahren Charakter des nationalsozialistischen Regimes. Als vehementer Gegner Grabherrs konnte er dessen Macht in der Ära Ulrich Ilg (1945-1969) allerdings nicht eindämmen.

 
 

Leo Haffner, geboren 1940, Studium der Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft in Innsbruck. Ab 1968 im ORF (Tirol und Vorarlberg) tätig. 1974-1996 Leiter der Abteilung "Kulturelles Wort" bei Studio Vorarlberg. Mitbegründer der Zeitschrift ALLMENDE. Autor zahlreicher Fernseh- und Hörfunkdokumentationen. UNDA-Fernsehpreis 1981. Gründungsmitglied der "Gruppe Vorarlberger Kulturproduzenten", der "Johann-August-Malin-Gesellschaft" und des "Vorarlberger Autorenverbandes". Mitglied des PEN.

 
 

Veröffentlichungen (Auswahl): "Die Kasiner. Vorarlbergs Weg in den Konservativismus" (Dissertation 1977), "Die Aufklärung und die Konservativen. Ein Beitrag zur Geschichte der katholisch-konservativen Partei in Vorarlberg" (1982), "Der Liberalismus bringt keinen Segen. Martin Thurnher - ein Leben für den Konservativismus" (1987), "Fundamentalismus aus Vorarlberg. Der Kreuzzug der Konservativen für die Kirche und seine Auswirkungen auf die demokratische Kultur" (1993) sowie "Kultur und Kirche als Machtfaktoren. Ein Beitrag zur Ideologiegeschichte Vorarlbergs" (2000).

 
Rezension in: KULTUR, Feb. 2009, 1/2009 (Markus Barnay)

Übersicht der --> Präsentationen und Lesungen

 

Inhalt

 

11 Vorwort von Kurt Greussing

Vorarlberg: Die geschlossene Gesellschaft und ihre Freunde

 

19 Geschichtsschreibung als Instrument der Politik

19 Vorarlberg – eine Insel der Freiheit?

24 Methodisch exakt

27 Der Fall Reinhold Bernhard und der Mord im Kloster

30 NS-Forschung – zu weit gehend?

33 ORF-Mittagslandesrundschau, 22. November 1986

 

37 Geistige Landesverteidigung

37 Elmar Grabherr und das Prinzip der Ungleichheit zwischen den Menschen

40 »Jetzt tuond se net gär so wüascht« – Die verhinderte Ernennung Anton Methlagls zum Landesschulinspektor für Vorarlberg (Ende 1949 bis Anfang 1950)

 

45 Grabherr war nicht irgendwer

46 Elmar Grabherr und die Rassenlehre

54 »Dieses Reich, das wir dem Führer schaffen helfen«

 

57 Elmar Grabherr im Widerstreit der Meinungen

57 Ein besessener Vorarlberger

62 Elitebewusstsein

66 »Wir haben den Kopf hinhalten müssen«

69 Privates

70 Polarisierend

73 Eine widersprüchliche Eminenz

 

75 Reinheit und Einheit

75 Echte Vorarlberger

79 Alemannisch und christlich zugleich

80 Ausgerechnet der Herr Trenka

 

87 Die Aktion Pro Vorarlberg

88 »Willy schreib!«

90 »Kriminelle, Arbeitsscheue und Farbenblinde«

93 Die Macht der Redaktion über bürgerliche Politiker

96 »Ebbas Ähnlichs wie di lätscht Näarrschi«

100 Gegen Kantönligeist

103 Elmar Grabherr und der politische Wendepunkt von 1870

 

107 Der Widerstand gegen die Aufklärung im 19. Jahrhundert

107 Religiöser Fundamentalismus in Vorarlberg

108 Der Glaube will herrschen

114 Vorarlberg und die Ideen der Aufklärung im 19. Jahrhundert

117 Verhärtung der politischen Fronten

118 Die gemeinschaftsbildende Kraft der Religion

120 Die Einheit des Glaubens

122 »Fremdkörper«

123 Erzieher des Volkes

125 Lehrer als Stiefkinder konservativer Politik

127 Gegen den bösen Geist der Welt

128 Hilfe aus Baden

131 Weitere Kasino-Gründungen

133 Der Widerstand gegen den Fundamentalismus

134 Zentralismus in Vorarlberg

135 »Faule, schädliche Teilchen«

137 Religiosität als politische Kampfhaltung – eine Bilanz

138 Der »eigene Weg« im Zeichen der Gegenaufklärung

140 Das konservative Jahrhundert (1870 -1970): ein Überblick

 

145 Der Zivilisationsbruch und seine Vorgeschichte

145 »Von den Juden und ihren Lügen«

147 Das kurze Leben der Toleranzidee

150 Die Anhänger Schönerers

153 Der CV als Säule des Dollfuß- und Schuschnigg-Regimes

 

155 Vorbemerkungen zu den Tagebuch- und Briefdokumenten aus der NS-Zeit

155 Die weltanschauliche Herkunft Elmar Grabherrs

158 Rudolf Kopf als »Herz-Jesu-Nazi«

159 Karl Tizians Erziehung im Geist des Österreich-Patriotismus

 

165 Im Schatten des Hakenkreuzes – Zeitzeugenberichte, Briefe und Tagebücher 1938

 

193 Briefe an einen Freund 1941–1944

 

227 1945 – Stunde Null?

227 Die »Entnazifizierung« Elmar Grabherrs

235 »Nicht viel reden, Gott mehr gehorchen als den Menschen«

236 Irritationen

238 Gefahr aus Wien

241 Der neue Verfassungsentwurf Elmar Grabherrs

243 »Das Kuschen hatte man längst gelernt«

245 Die Spätfolgen der milden Entnazifizierung

 

249 Das geistige Erbe der »Kasiner«

249 Vom Misthaufen aus regiert?

251 Das Kulturverständnis der »Spätkasiner«

 

257 Karl Tizian als Kritiker der Vorarlberger Demokratie

 

263 Wo blieb die Opposition?

 

267 Vorarlberg-Patriotismus kontra kritische Wissenschaft

 

273 Das neue Kulturklima

273 Die Zuwanderer nach 1945 und die Liberalisierung der 1970er-Jahre

277 Karl Tizian als Pionier der Kulturpolitik in Vorarlberg

 

279 Guntram Lins und die Politik der Öffnung

 

283 Dank

287 Anhang

287 Bibliografie

301 Liste der Interviews

303 Fotonachweis

305 Personenregister

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