20.06.2006 / Leserbrief: Religiöse Toleranz als Gradmesser für eine "aufgeklärte Gesellschaft"
Zu den positiven Aktivitäten der Bildungsministerin Gehrer zählt die kürzlich erfolgte Eröffnung des Kooperationsbüros in der bosnisch-herzegowinischen Hauptstadt Sarajewo. Das dortige Rathaus wurde vor 110 Jahren von den österreichischungarischen Behörden übergeben, und es bestehen enge historischen Beziehungen zu diesem Land, das 1908 von Österreich-Ungarn annektiert worden ist. Die verstärkte kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit soll heute Bosnien- Herzegowinas Weg in die EU unterstützen. Anlässlich dieser Kooperationsinitiative verfasste Lise Abid in der "Presse" einen Artikel, in dem sie die kulturelle Vielfalt dieses Landes hervorhebt. Sie betont, dass es sogar während des Bosnienkrieges gelungen sei, in der Altstadt von Sarajewo die Zerstörung von Gotteshäusern von vier Religionen zu verhindern, die sich auf engstem Raum befinden. Man stelle sich in diesem Land auch der kritischen Debatte über muslimischen Extremismus, obwohl diese Tendenzen ein Minderheitenprogramm seien. Denn der Islam habe in Bosnien "eine jahrhundertelange Geschichte der Toleranz und des Zusammenlebens mit anderen Religionen und Kulturen und diese Werte wollen die bosnischen Muslime weiter pflegen." Es gebe auch wenig Probleme mit der "Moderne", denn die Mehrheit stehe hinter der Religionsfreiheit als selbstverständlichem Erbe der europäischen Bürgergesellschaft. Die Verankerung der Grundgedanken der "Aufklärung" sind ein Gradmesser der Zivilisation. Manche VN-Leserbriefe sind auf der Toleranz-Skala tief unten angesiedelt! Dr. Werner Bundschuh
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