Gernot Kiermayr: "Warum musste Oswald Schwendinger sterben? Die Verfolgung der „Gemeinschaftsfremden“ in Vorarlberg im Nationalsozialismus"
Die Biographie Oswald Schwendingers ist exemplarisch für die Opfergruppe, die Gernot Kiermayr beschreibt. Es handelt sich um Menschen, die bestimmte Spielregeln der Gesellschaft nicht einhalten konnten oder wollten, also „deviant“ waren, und die daher oft genug „delinquent“ wurden, also mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Ihre anfänglich geringen Strafen waren häufig der Beginn eines (weiteren) sozialen Abstiegs. Von den Nationalsozialisten wurden sie aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt und in letzter Konsequenz ermordet – mindestens 62, womöglich 67 Personen aus Vorarlberg. In der Nachkriegszeit waren sie von allen Entschädigungen ausgeschlossen – und auch aus dem kollektiven Gedächtnis.
Inhalt | |
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Vorwort (Andreas Kranebitter) | 9 |
Einleitung oder: Warum musste Oswald Schwendinger sterben? | 13 |
Teil 1. Die Schattenseiten der Armenpolitik in der Monarchie und in der Ersten Republik – ein Überblick | 21 |
Karl L., Hohenems – Glarus | 23 |
Die Armenpolitik der Gemeinden | 23 |
Arbeitshäuser | 26 |
Armut und Armutspolitik in der Ersten Republik | 28 |
Armutspolitik durch verstärkte Repression im Austrofaschismus | 32 |
Verarmung, Kriminalisierung, Inhaftierung: Stationen eines Abstiegs | 35 |
Teil 2. Die Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ durch die nationalsozialistische Kriminalpolizei | 39 |
„Niemand wurde zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert, gequält und ermordet“ | 41 |
Die Verfolgung der „Asozialen“ im nationalsozialistischen Deutschland bis 1938 | 42 |
Die „Bettlerwoche“ | 43 |
Die „Aktion Arbeitsscheu Reich“ | 44 |
Die Verfolgung der „Gemeinschaftsfremden“ in Vorarlberg durch die Kriminalpolizei und die Landräte vom „Anschluss“ an Deutschland bis Kriegsbeginn | 47 |
Inhaftierung von „Asozialen“ und „Kriminellen“ in Vorarlberg bis zum Juli 1938 | 47 |
Die „Asozialen“-Verfolgung ab der Einführung des „Grunderlasses“ (26. Juli 1938) | 50 |
Bezüge zur rassistischen Verfolgung von Juden, Roma und Jenischen | 55 |
Verfolgte Frauen | 57 |
Fortsetzung der polizeilichen Verfolgung der „Gemeinschaftsfremden“: Arbeitserziehungslager | 58 |
Exkurs: Wer wurde im KZ als „Berufsverbrecher“ eingestuft und was bedeutete das? | 61 |
Wer waren die Opfer? Versuch einer Annäherung an die Opfer der sozialrassistischen Verfolgung durch die Polizei am Beispiel Dornbirn | 64 |
Teil 3. Fürsorgerechtliche Verfolgung | 69 |
Radikale Umstellung der Sozial- und Gesundheitspolitik durch die Nationalsozialisten | 71 |
Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Radikalumstellung am Beispiel des Klostertals | 73 |
Aktivitäten der Fürsorge- und Gesundheitsämter in Vorarlberg | 79 |
Zwangsarbeitsanstalten zur Unterbringung nach der „Verordnung über die Fürsorgepflicht“ (Februar 1924) | 83 |
Schwere Schicksale: Biografien von Opfern der behördlichen Zwangsfürsorge | 86 |
Verfolgte Frauen | 86 |
Verfolgte Männer | 91 |
Verfolgte Jugendliche: Von beobachteter und gemeldeter Devianz zu Gefängnis und Zwangsarbeit – Lebensläufe junger Menschen in Vorarlberg im NS | 95 |
Die Erfassung „asozialer“ Familien | 99 |
Teil 4. Verfolgung durch die Justiz | 101 |
Rolle und Lager der Justiz, „Vernichtung durch Arbeit“ | 103 |
Weiteres Schicksal des Albert H. aus Krumbach | 105 |
Sondergerichte beim Landgericht Feldkirch, Todesurteile | 107 |
Graubereiche und Schnittmengen der Verfolgung | 110 |
Fazit, nach 1945 | 113 |
Versuch einer Bilanz | 115 |
Das große Schweigen 1945 | 116 |
Verfolger ohne Unrechtsbewusstsein | 119 |
Anhang | 121 |
Abkürzungen | 123 |
Anmerkungen | 125 |
Literaturverzeichnis | 137 |
Bildquellennachweis | 149 |
Dank | 151 |