13.10.2007 / Leserbrief: "Bleiberecht"

 Vorarlberger Nachrichten


Historisch gesehen sind Aktionen gegen das "Bleiberecht" ein altes Thema. Schon Luther empfahl, Juden zu vertreiben und ihre Schulen, Synagogen und Häuser zu verbrennen.

Ab 1529 wurden 6000 Tiroler aus dem Raum Sterzing, Pustertal und Rattenberg nach Mähren vertrieben, unterwegs teilweise gefoltert und ermordet - weil sie sich "Wiedertäufer" nannten. Ihr Oberhaupt wurde 1533 vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck verbrannt. 1837 mussten 400 Zillertaler Bauern ihre Heimat verlassen - weil sie "lutherisch" waren. 1861 organisierte der Dornbirner Arzt Dr. Josef A. Oelz nach Tiroler Vorbild in Vorarlberg eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel, Protestanten (Fabrikanten und Facharbeiter aus der Schweiz oder Deutschland) das Bleiberecht zu verweigern. Die Aktion blieb folgenlos, weil das "Toleranzpatent" sie von Staats wegen schützte. Feindseligkeit gegenüber "Fremden" aus dem Trentino oder Graubünden war im 19. Jahrhundert ein Dauerzustand. Der katholische Klerus lehnte Protestanten aus der Eidgenossenschaft ab - aus religiösen Gründen.

Ab 1945 trat die "Alemannenideologie" (erneut) in den Vordergrund. Am 21. November 1945 beschloss der Vorarlberger Landesausschuss: "Die Aufnahme von Sudetendeutschen wird grundsätzlich schärfstens abgelehnt." Kurios auch der "Fall Furtwängler". Staatskanzler Renner fragte damals an, ob der weltberühmte Dirigent sich im Ländle niederlassen dürfe. Der Ausschuss befürwortete dies, freilich nur, wenn dieser sich in einer kleineren Landgemeinde aufhalte - ohne Berufsausübung. Ein "städtisches" Bleiberecht war nicht erwünscht.

Dr. Leo Haffner
Dornbirn, Heimgarten

 

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