THOMAS MATT
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Bregenz (VN) Am 26. Oktober wird die Katholische Kirche in Linz
Franz Jägerstätter seligsprechen. Seit gestern erinnert eine Tafel an
der Kirchenmauer von Bregenz St. Gallus an Ernst Volkmann. Auch er hat
Hitler den Fahneneid verweigert.
Auch Volkmann zählte, wie es der päpstliche Nuntius Cesare Orsenigo
1940 formulierte, zu den "Märtyrern ihrer eigenen Dummheit". "Spät sind
wir dran", predigte Rudi Siegl gestern in der Bregenzer
Stadtpfarrkirche. Spät findet nicht nur die Kirche andere Worte.
Marianne Volkmann und ihr Bruder Hans stehen in der ersten Reihe.
Beide auf Krücken. Beide zu Ehren ihrer Eltern. Hier sind sie
aufgewachsen. Neben der Galluskirche, in dem kleinen Haus am Kirchplatz
5. Hierher war der böhmische Instrumentenmacher Ernst Volkmann 1931 mit
seiner Frau Maria gezogen.
"Ein ernster, stiller Mann", so hat Marianne ihren Vater in
Erinnerung. Sie war neun, als er starb. Irgendwo, in einer Stadt, die
die Erwachsenen Berlin nannten. Unter dem Fallbeil. "Man hat bei uns
das Thema nie mehr angeschnitten."
Vier dürre Zeilen
Dabei ist alles noch da: Die Briefe des Berliner
Gefangenenseelsorgers Jochmann, der Volkmann bis zum Tod begleitet hat.
Die Anklageschrift wegen "Vergehens gegen das Heimtückegesetz".
Schließlich die vier Zeilen, die Maria Volkmann am 9. August 1941 davon
in Kenntnis setzten, dass ihr Ehemann, "der Schütze Ernst Volkmann" am
7. Juli 1941 "wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode verurteilt"
wurde. "Das Urteil wurde heute vollstreckt."
33 Tage. Sie haben sich 33 Tage Zeit gelassen, den Vater dreier
Kinder zu köpfen. Einen Monat der Ungewissheit. Wie schwer wohl
auszuhalten für einen Mann, den der Valduna-Direktor Josef Vonbun im
September 1940 noch als "abnormal, aber nicht geisteskrank"
demütigte.
Pfarrer Jochmann schreibt Volkmanns Witwe später, ihr "lieber Mann"
sei ein Mensch "von einer seltenen Tiefe und Lauterkeit" gewesen. An
jenem schicksalhaften 9. August haben sie ihm nach Mitternacht das
Urteil verkündet. Er hat "mit vorbildlicher Andacht gebeichtet" und um
3 Uhr früh kommuniziert. Pfarrer Jochmann legte ihm nahe, letzte Zeilen
an seine Frau zu schreiben. Aber das tat er nicht. Er konnte nicht.
Um 5.05 Uhr ging der 41-jährige Ernst Volkmann "ruhig und gefasst"
zum Schafott. "Jedenfalls war es körperlich ein schmerzloser Tod",
schreibt Seelsorger Jochmann am 20. August an Maria Volkmann. "Kein
Stöhnen, kein Seufzer, nichts." Der Mann, der Adolf Hitler öffentlich
einen Mörder genannt und sich mehrfach geweigert hatte, für dieses
Regime in den Krieg zu ziehen, ging lautlos in den Tod.
Als "gefallen" notiert
Jetzt geht der Gottesdienst zuende. In dieser Kirche mit ihrem
überbordenden Barock hat Volkmann oft gebetet, sagt Pfarrer Anton
Bereuter. Drüben, am Bregenzer Kriegerdenkmal, steht Volkmann unter den
732 Bregenzer Gefallenen eingetragen. Aber seit gestern stellt eine
Gedenktafel vis-à-vis klar: Der Name Ernst Volkmann steht für einen
Staatbürger, der sich bewusst widersetzt hat. "Für uns Nachgeborene
verkörpert Ernst Volkmann ein außergewöhnliches Beispiel an gelebter
Friedfertigkeit, an christlicher Standhaftigkeit, an politischer
Prinzipientreue und moralischer Integrität", sagt Dir. Meinrad Pichler,
bevor Bürgermeister Markus Linhart und Pfarrer Rudi Siegl das weiße
Tuch von der Gedenktafel ziehen.
Maria Volkmann, die mit drei unmündigen Kindern und Anfeindungen
zurück blieb, hätte das gefreut. Aber sie starb im April 1998. An ihrer
Stelle schütteln nun ihre Kinder, selber schon alt, dankbar unzählige
Hände.
Marianne Volkmann über den Vater:
"Ein ernster, stiller Mann."
---> Einladung
zur Enthüllung der Gedenktafel
---> Rede zur
Enthüllung der Gedenktafel
---> Ausführliche
Darstellung des Widerstands von Ernst Volkmann