Manfred Tschaikner: "Damit das Böse ausgerottet werde". Hexenverfolgungen in Vorarlberg im 16. und 17. Jahrhundert
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Mindestens 95 Personen wurden im erwähnten Zeitraum nachweislich als Hexen oder Hexer getötet. Tatsächlich muß man hier wohl mit etwa zweihundert Todesopfern rechnen. Die meisten frühneuzeitlichen Menschen glaubten, daß alles, was sie betraf, Ausdruck einer Absicht war. Sie lebten damit in einer ständig bedrohten Welt, zu deren Bewältigung angesichts der Entwicklungen des 16. und 17. Jahrhunderts die traditionellen Erklärungsmuster nicht mehr hinreichten. Bevor sie von der selbst- zu einer umfassenderen sachorientierten Wahrnehmungsweise gelangen konnten, ermöglichte es ihnen das theologisch-rechtliche Vorstellungsangebot vom übermächtigen Feind der christlichen Welt und der Verschwörung der Hexen weiterhin, Nöte und Konflikte aus einem unverständlichen in einen klaren Zusammenhang zu heben, somit leichter zu ertragen und vermeintlich auch zu beseitigen. Das wirkte sich jedoch besonders im engeren nachbarschaftlichen Verband, der ohnehin immer einen guten Nährboden für Antagonismen und Aggressionen bildet(e), letztlich verheerend aus. Bei einer quellenorientierten Untersuchung versagen viele gängige Erklärungen des Hexenwesens. Es zeigt sich, daß die Hexenverfolgungen in den Herrschaften vor dem Arlberg in erster Linie als Ausdruck sozialer Konflikte verstanden werden müssen. Im Rahmen der Alltagsbewältigung unter erschwerten wirtschaftlichen Umständen nützte ein großer Teil der Untertanen das theologisch-rechtliche Angebot, die vermeintlichen Verursacher seines Elends im Zuge von Hexenprozessen zu eliminieren. Die Obrigkeiten gingen nach Meinung des "Volkes" meist zuwenig hart gegen die Hexen vor, was zu neuen sozialen Konflikten beitrug.
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