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Kurt Greussing (2012): Transplantat und Eigenwuchs: Liberale Milieus in Vorarlberg im 19. Jahrhundert

In dem ab den 1860er Jahren sich formierenden liberalen Lager Vorarlbergs lassen sich drei Herkunftsströme identifizieren: ein kleinstädtisches Bildungsbürgertum, Reformer aus bäuerlich-gewerblichen Verhältnissen und industrielle Großbürger wie die Douglass. Letztere waren häufig zugewandert und zudem in etlichen Fällen protestantisch oder jüdisch. Ihnen allen waren die Überzeugung von der Notwendigkeit sozialer und technischer Modernisierung sowie die Opposition gegen den Vormachtsanspruch der katholischen Kirche und ihrer lokalen Repräsentanten gemeinsam.

  

 

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Kurt Greussing


Transplantat und Eigenwuchs: Liberale Milieus in Vorarlberg im 19. Jahrhundert


Erschienen in: Wilhelm Meusburger (Bearb.): Norman Douglas – 7. Symposium, Bregenz und Thüringen, Vlbg., 12./13.10.2012. Feldkirch/Graz 2013, S. 5268.


Die Thüringer Fabrikantenfamilie Douglass*) gehörte zu jenem liberalen Lager, das sich in Vorarlberg zumal ab den 1860er Jahren kulturell organisierte und politisch artikulierte. Es lassen sich hier drei unterschiedliche Herkunftsströme identifizieren: ein kleinstädtisches – teils zugewandertes, teils einheimisches – Bildungsbürgertum, bestehend aus Beamten, Lehrern, Gewerbetreibenden und qualifizierten Handwerkern; Reformer aus bäuerlich-gewerblichen Verhältnissen, zumal im Bregenzerwald und im Montafon, aber auch in größeren Landgemeinden des Rheintals, die sich der Volksbildung, der Genossenschaftsorganisation und allgemein dem technischen Fortschritt verschrieben hatten; und schließlich industrielle Großbürger, die häufig zugewandert und zudem in etlichen Fällen protestantisch oder jüdisch waren.

Ihnen allen waren die Überzeugung von der Notwendigkeit sozialer und technischer Modernisierung sowie die Opposition gegen den Vormachtsanspruch der katholischen Kirche und ihrer lokalen Repräsentanten gemeinsam. Diese liberale Strömung brachte es nie zu einer festen organisatorischen Struktur – wie sie ganz im Gegensatz dazu die katholische Kirche hatte –, und sie verfügte nur über wenige landesweite soziale Treffpunkte – etwa den 1857 gegründeten Vorarlberger Landesmuseumsverein, die 1869 gegründete Sektion des Deutschen (ab 1873 Deutschen und Österreichischen) Alpenvereins oder den 1870 entstandenen liberalen Vorarlberger Lehrerverein. In erster Linie waren lokale Vereine und bestimmte Gasthäuser gemeinschaftsbildend. Es handelte sich also um Milieus, deren Mitglieder durch ähnlichen Lebensstil, gemeinsame Vorstellungen gesellschaftlicher und individueller Werte sowie gemeinsam frequentierte Orte miteinander  verbunden waren.(1) Dabei darf man den Begriff „liberales Milieu“ nicht zu eng fassen und ihn nicht mit zu vielen Ideologie-Elementen aufladen. Die hier vertretenen sozialen und politischen Ideen waren keineswegs homogen, es gab fließende Übergänge sowohl zu Sozialdemokraten als auch zu einzelnen liberalen Katholiken, sogar zu Geistlichen.(2)

Im Wesentlichen war es die Gegnerschaft zum politisch aktiven katholisch-konservativen Klerus und zu kirchlich gebundenen Honoratioren, die die Mitglieder solcher Milieus zusammenhielt – während sie von ihren Gegnern als Störenfriede der dörflichen Harmonie gesehen wurden.(3) Doch war diese kulturelle Klammer letztlich zu schwach, um die soziale Heterogenität dieser Milieus ebenso wie ihre örtlichen Distanzen zu überbrücken und aus ihnen eine starke politische Bewegung entstehen zu lassen.


Guntram Hämmerle – vom antiautoritären Schüler zum liberalen Programmatiker

 

In den Akten des Gymnasiums Feldkirch aus dem Jahre 1836 finden wir einen Bericht über einen Schüler namens Guntram Hämmerle. Der war, 1822 geboren, damals noch nicht ganz 15 Jahre alt. Folgendes erfahren wir von ihm: dass er trotz Mahnungen vom Trinken nicht abgelassen habe, dass er Umgang mit einem jungen Menschen pflege, „dessen Äusserungen über religiöse und moralische Lehren von keiner guten Seite bekannt waren“, ja dass er sogar einem Offizier der Grenzwache Schläge angedroht habe. Schlimmer noch:

„Ein andermal habe ihm [dem Offizier; Anm.] der nämliche Schüler auf offener Straße am hellen Tage die Faust unter das Gesicht gehalten mit dem Bedeuten: ‚Sie werden sich nicht unterstehen, mit meinem Mädchen sich zu unterhalten, das sage ich Ihnen, sonst – .’ Weiters beleidige Hämmerle den Arzt der hier garnisonierenden Kompagnie, indem er denselben auf seinem Spaziergange ganz höhnisch zugerufen habe: ‚Ha! Da kommt der Aesculapius.’

Ein solches Benehmen eines Fünfzehnjährigen hatte Folgen. Er wurde „cum consilio huc non revertendi“ und mit der Hoffnung entlassen,

„vielleicht daß seine Brutalität in einer größern Stadt verschwindet, oder handgreiflich zurecht gewiesen wird, und bei den ausgezeichneten Talenten des Straffälligen der bürgerlichen Gesellschaft noch ein brauchbares Individuum gewonnen werden kann.“(4)

Hämmerle wurde in der Tat doch noch ein brauchbares Individuum – nämlich Jurist. Er wurde Staatsanwalt in Padua, 1869 dann Oberlandesgerichtsrat in Innsbruck, Richter und Universitäts-lehrer.(5) Seine antiautoritären, obrigkeitskritischen Neigungen hatte er bei dieser Karriere freilich nicht verloren. Sie haben ihn zu einem prononcierten Liberalen gemacht – und darum ist diese Geschichte hier berichtenswert: weil weltanschauliche Orientierungen von Menschen nicht nur, und oft nicht einmal in erster Linie, aus intellektueller Reflexion oder aus der Kraft von Argumenten entstehen, sondern ebenso aus emotionalen Veranlagungen und persönlichkeitstypischen Energien.

Hämmerle begegnet uns wieder im Juli 1868 – ein halbes Jahr nach dem Erlass der liberalen Staatsgrundgesetze vom Dezember 1867 –, bei der Gründungsversammlung des Vorarlberger Vereins der Verfassungsfreunde in Feldkirch. Bei dieser Versammlung hält Hämmerle das Grundsatzreferat. Er formuliert das Programm der Vorarlberger Liberalen, die glauben, durch die Verfassung einen entscheidenden Durchbruch erzielt zu haben: Sie steht für ein neues Ehegesetz, das die Zivilehe und damit, im Gegensatz zur kirchlichen Ehe, auch die Scheidung ermöglicht, für Glaubens- und Gewissensfreiheit, für die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Forschung, für die Gleichberechtigung der staatlich anerkannten Konfessionen (also der Protestanten und Juden) sowie die private Duldung aller anderen, schließlich für ein neues Schulgesetz, das die Aufsicht über das Schulwesen der katholischen Kirche entzieht und es Bürgern jedes Kultus erlaubt, Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu errichten und so das Monopol des kirchlichen Unterrichtswesens zu brechen.(6)

Das war ein massiver Angriff auf die Interessen und die Lehren der katholischen Kirche, die in Österreich nach der niedergeschlagenen Revolution von 1848 und dem antiliberalen Schulter-schluss mit dem Staat durch das Konkordat von 1855 ein unbeeinspruchbares Monopol auf die Formung des Lebensstils der Menschen und der öffentlichen Meinung gehabt zu haben schien.


Politischer Katholizismus: Totalität des Gegenentwurfs

 

Die Dezemberverfassung von 1867 und das Programm der Liberalen waren auf der ganzen Front eine Kampfansage an die von der katholischen Kirche gewünschte Ordnung des Staates und der Gesellschaft. Außerhalb Österreichs war die katholische Kirche ja schon früher durch Säkulari-sierungstendenzen etlicher Staaten unter Druck geraten, besonders in Frankreich. 1864 hatte Papst Pius IX. (1846-1878) deshalb in seiner Enzyklika „Quanta cura“ einen „Syllabus der Irrtümer“ (Syllabus errorum) zusammengestellt, also alle jene angeblichen Irrlehren aufgelistet, denen in einem wahrhaft christlichen Staatswesen kein Raum gegeben werden dürfe: unter anderem die Trennung von Staat und Kirche, der Vorrang staatlichen Rechts vor kirchlichem, die Ablehnung der katholischen Religion als einziger Staatsreligion und die Anerkennung „aller anderen Arten der Gottesverehrung“, Religions- und Gewissensfreiheit, natürlich auch Sozialismus und Demokratie sowie „Fortschritt, Liberalismus und moderne Zivilisation“.(7) 

Dieser „Syllabus der Irrtümer“ war der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die schon lange vor der bürgerlichen Revolution von 1848 in der katholischen Kirche eingesetzt hatte. Bereits 1832 hatte Gregor XVI. in seiner Enzyklika „Mirari vos“ zu den „Verwirrungen in Kirche und Staat“ Stellung genommen: „Schlimm ist die Zeit für den Glauben“, heißt es da. Es sei jetzt „die Stunde für die Mächte der Finsternis“, „unrechte, dreiste Wissenschaften und zügellose Freiheit erringen freche Siege“. Nichts sei „vor der Frechheit dieser Leute sicher“, den Bischöfen werde der Gehorsam gekündigt, den Lehrern der Respekt:

Wir sehen heute den Untergang der öffentlichen Ordnung, den Fall der Obrigkeit und den Umsturz jeder gesetzlichen Macht immer näher rücken.“

Es ist ein apokalyptischer Ton, der hier angeschlagen wird, und zwei Dinge sind es im Besonderen, die die gottgewollte Ordnung ruinieren:

„jene törichte und falsche Ansicht, die man besser als Wahnsinn bezeichnet, für jeden die Gewissensfreiheit zu fordern und zu verteidigen“, sowie „die von Grund auf schlechte, niemals ausreichend verurteilte abscheuliche Freiheit der Buchdruckerkunst, um alle möglichen Schriften unter das Volk zu bringen.“(8)

Leo XIII. (1878-1903) und Pius X. (1903-1914) haben dann in weiteren Enzykliken und Sendschreiben die antiliberalen autoritären Positionen der Kirche verfestigt – bis hin zu dem 1910 eingeführten und erst 1967 abgeschafften Antimodernisteneid, der Klerikern aller Stände gebot, sich im Konflikt von kirchlicher Lehre und Wissenschaft immer für erstere zu entscheiden.(9)

Der Konflikt zwischen säkularem und kirchentreuem Lager zog eine der entscheidenden, wenn nicht die entscheidende Trennlinie in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen nach der Mitte des 19. Jahrhunderts – bis weit ins 20. hinein. Christopher Clark und Wolfram Kaiser sprechen in ihrem Buch, das den Konflikt zwischen Säkularismus und Katholizismus in vielen Ländern Europas nachzeichnet, zu Recht von Culture Wars(10)  – von Kulturkriegen. Diese Kulturkriege sind meist viel heftiger und leidenschaftlicher geführt worden als die ökonomischen Klassenauseinandersetzungen, denn sie haben Fragen der Lebensführung bis in die intimsten Bereiche berührt: die Rolle der Frau – immer heftig diskutiert, damit verbunden Fragen von Kleidung, von Moral und von Sexualität –, das Gewicht wissenschaftlicher Erkenntnis, etwa der Evolutionstheorie, die Freiheit der Wahl des religiösen Bekenntnisses. Alles das waren und sind Optionen zur Orientierung des Lebensstils. Letztlich ging es um die Frage: Selbstverantwortung des Individuums oder Gebundensein an göttlich versicherte Gebote und Wahrheiten, die durch das kirchliche Lehramt und dessen Funktionäre verbürgt und gegen menschlichen Einspruch immunisiert sind?

In der Vorarlberger Historiographie wird dieser Konflikt, der auch innerhalb des katholischen Lagers seinen Widerhall fand, meist als Auseinandersetzung zwischen einer nicht näher erklärten radikalen „Brixner“ und einer gemäßigten „Konstanzer Richtung“ (nach den für Vorarlberg zeitweise zuständigen Diözesansitzen und Priesterausbildungsstätten) beschrieben. In der Tat handelte es sich um einen Richtungsstreit zwischen der päpstlich propagierten Vorstellung eines die politische Vorherrschaft beanspruchenden Katholizismus und einem eher staatsloyalen, politisch passiven Religionsverständnis.(11) Die „Brixner Richtung“ gewann die Oberhand.


Städtische Bürger

 

Eine soziale Gruppe, aus denen sich die Liberalen rekrutierten, waren städtische Bürger – Gewerbetreibende, qualifizierte Handwerker und sehr oft auch Beamte und Lehrer in der Tradition etatistischer Aufklärung und Modernisierung, wie sie Josef II. von 1780 bis 1790 betrieben hatte.

Unter der Führung liberaler Bürger entstand ab 1869 eine Reihe von Arbeiterbildungsvereinen – in Bregenz, Hard, Dornbirn, Hohenems, Feldkirch und Bludenz. Diese von Handwerkern geprägten Vereine drifteten zwar, mit Ausnahme jenes von Hohenems, ab Mitte der 1870er Jahre in sozialdemokratisches Fahrwasser und wurden 1877 vorübergehend aufgelöst,(12)  doch blieb die Verbindung der Sozialdemokraten mit den Liberalen auch nach ihrer Formierung als eigene Partei bestehen. Sie bildeten in etlichen Vorarlberger Orten politische Bündnisse mit den Liberalen, die vor allem auf dem gemeinsamen Antiklerikalismus beruhten.(13)

Die Handwerker waren – ebenso wie die Gewerbetreibenden und Industrieunternehmer – oft aus anderen Ländern der Monarchie oder aus der deutschen und der Schweizer Nachbarschaft nach Vorarlberg zugewandert oder hatten längere Zeit im Ausland verbracht;(14)  Beamte waren zum Teil hierher versetzt worden, zum Teil entstammten sie auch länger eingesessenen Familien.(15)  Sie fühlten sich oft dem Geist einer staatsaufklärerischen Modernisierung verpflichtet.

Guntram Hämmerle zum Beispiel ist ein solcher Beamter gewesen. Nicht zufällig bedeutete ihm die 1867er-Verfassung einen späten Triumph im Geiste Kaiser Josefs II., jenes modernisierenden Aufklärers und kirchengegnerischen Reformers, "dessen bloßer Name die Feinde des Fortschrittes erzittern macht" – wie Hämmerle es 1868 in seiner Lobrede auf dieses Grundgesetz anlässlich der Gründungsversammlung des liberalen Vorarlberger Vereins der Verfassungsfreunde in Feldkirch formulierte.(16)

Diese Versammlung war nicht nur als landesweite Manifestation der Vorarlberger Liberalen bemerkenswert. Denn die Teilnehmer wählten demonstrativ zwei Männer in den Vorstand, die das ursprünglich gar nicht wollten. Es handelte sich um den jüdischen Arzt Dr. Simon Steinach aus Hohenems und um den protestantischen Fabrikanten Dr. Samuel Jenny aus Hard. Die beiden hatten Bedenken, „der Ausbreitung des Vereins durch ihren Eintritt in den Vorstand in Anbetracht ihres Religionsbekenntnisses in Kreisen, in welchen alte Vorurteile noch nicht gänzlich überwunden wären, hinderlich werden zu können“. Sie befürchteten also, die öffentliche Präsenz von Juden und Protestanten könnte dem Anliegen des Vereines im katholischen Vorarlberg schaden.

Doch auf diese Befürchtung reagierten die anderen Liberalen gerade nicht mit politischem Opportunismus, sondern mit einem grundsätzlichen Bekenntnis zur Religionsneutralität und zur Gleichstellung aller Staatsbürger im öffentlichen Leben – ganz im Sinne jener neuen, ersten österreichischen Verfassung. Anderweitigen Rücksichten, wie sie von Steinach und Jenny vorgebracht worden waren, dürfe man keine Rechnung tragen,

um nicht dem Gedanken Raum zu geben, als hege der Verein selbst Zweifel an der Durchführbarkeit der Verfassungsgesetze, er müsse insbesondere jenen gegenüber, welche noch nicht an den vollen Ernst der Verfassung glauben, durch die That beweisen, daß er mit rückhaltloser Durchführung der Verfassung es ernstlich meine und gerade im gegenwärtigen Augenblicke sei dies vollkommen zeitgemäß“ .(17)

Jenny und Steinach wurden per Akklamation in den Vorstand gewählt.


Protestanten – die Öffnung des Feldes

 

Dass mit Jenny und Steinach zwei Angehörige einer Minderheitenreligion auf den Plan treten und demonstrativ in ein öffentliches Amt gehoben werden, hat vor allem mit der Rolle der Protestanten in Vorarlberg zu tun. Während die jüdische Gemeinde in Hohenems zwar ein liberales Bürgertum hervorgebracht hatte,(18) aber auf Vorarlberg bezogen nur eine lokal begrenzte Wirkung entfaltete, wurden die Protestanten durch ihre lokale Verbreitung und ihr ökonomisches Gewicht einflussreicher. Etliche Unternehmer, die ab den 1830er Jahren aus Deutschland, der Schweiz oder Schottland nach Vorarlberg zugezogen sind, waren Protestanten: unter anderen Weberbeck, Schindler, Jenny(19), Schwerzenbach und eben auch die Douglass.(20) Und sie brachten Fachkräfte mit – in vielen Fällen wiederum Protestanten.(21) Doch für sie alle gab es kein Recht auf öffentliche Religionsausübung. Das schuf eine klassische Statusinkonsistenz: Ökonomisches Gewicht und gesellschaftliche Anerkennung standen in Gegensatz zueinander.

Erst 1861 sollte mit dem Protestantenpatent die Freiheit der Religionsausübung kommen. In Vorarlberg führte das immerhin zum Kirchenbau und zur Anlage des protestantischen Friedhofs in Bregenz und später in Feldkirch – bis dahin hatten die Toten in der Schweiz bestattet werden müssen. Doch war die sogenannte „Religionseinheit“, also die alleinige Zulassung des katholischen Glaubens, von der Kirche und den ihr verbundenen politischen Kräften lange weiter verteidigt worden. In Vorarlberg führte das Protestantenpatent zu einer heftigen, aber letztlich erfolglosen Gegenbewegung katholisch-konservativer Honoratioren, die eine Petition mit Unterschriften organisierten. Dabei wurde mit handfesten Drohungen nicht gespart. Auf einem Plakat an der Bregenzer Stadtpfarrkirche hieß es, ungelenk gereimt, unter anderem:

„Drohungsrede an die Herrn Lutheraner

Beste Freunde waget es nicht!
Eine Kirche zu bauen!
Sonst wird man Euch in kurzer Frist!
Wie’s Gras im Feld zerhauen!

Paritätisch sollten wir!
Durch diese Schurgen [sic] werden!
Nicht kommt es zu stande hier!
Eher muß man sterben.“(22)

In Tirol hingegen, mit dem Vorarlberg ja trotz des 1861 gewonnenen Status eines eigenen Landes vielfältig verbunden war, dauerte der Konflikt 15 Jahre länger, bis 1876 – dann endlich waren nicht-katholische Bekenntnisse gesetzlich toleriert.(23) Insofern kann die unmittelbare Wirkungslosigkeit der antiprotestantischen Agitation von 1861 in Vorarlberg durchaus als Erfolg eines damals erst sich bildenden liberalen Lagers gelesen werden – und wurde von den Zeitgenossen auch so verstanden. Der Ton schwingt noch in den „Geliebten Schatten“ von Grete Gulbransson (1934) mit, wenn sie das Begräbnis des verstorbenen ersten Mannes ihrer Mutter, John Sholto Douglass, auf dem evangelischen Friedhof in Feldkirch 1874 schildert, das sie ja nur von Erzählungen in der Familie gekannt haben konnte:

„Sie begleiteten alle zu Fuß den Leichenwagen … so ging es stundenlang fast durch den ganzen Walgau, und von allen Türmen in jeder Ortschaft hallten die Glocken von Thüringen bis Feldkirch. Dort, am Eingang der Illschlucht, wurde der mächtige Leichenzug von einer zweiten unübersehbaren Menschenmenge aus dem Unterland und von der Feldkircher Musik erwartet. Bei den Feierklängen der großen katholischen Glocke vom Katzenturm, die nur bei den seltensten Anlässen ihre Stimme erhebt, bewegte sich der Riesenzug zum protestantischen Friedhof.“(24)

Das war, wie erwähnt, 1874 – nur 13 Jahre, nachdem den Protestanten blutige Proteste angedroht worden waren, wenn sie mit Kirchen und Friedhöfen öffentlich würden. In der Tat belegen zeitgenössische Zeitungsberichte, dass hunderte Menschen John Sholto Douglass das letzte Geleit gaben und dass (neben den Kirchenglocken in Thüringen und Bludesch)(25) tatsächlich in Feldkirch die „große Glocke“ im Katzenturm geläutet wurde – auf Veranlassung des liberalen Stadtmagistrats allerdings und sehr zum Missfallen der katholischen Konservativen und der Geistlichkeit. Die wollten jedoch, offenbar angesichts der Popularität des Verstorbenen, nicht wie bei einer früheren Gelegenheit einen Konflikt über das Läuten einer Glocke vom Zaune brechen, die zwar der Stadt Feldkirch gehört, aber von der Kirche nach kanonischem Recht verwaltet wird – was das Läuten bei der Beerdigung eines Protestanten natürlich ausgeschlossen hätte. Übrigens erfuhr John Sholto Douglass ausgerechnet im „Vorarlberger Volksblatt“, das einer kräftigen Verurteilung politischer und religiöser Irrlehren sonst nie abgeneigt war, anlässlich seines Todes wohlwollende Würdigungen und sogar einen ehrenden Nachruf – durch den unkonventionellen Montafoner Geistlichen und Alpinpionier Franz Josef Battlogg.(26)

 

 Danksagung Sholto Douglas

Feldkircher Zeitung, 23. Sept. 1874

 

 Danksagung 2 Sholto Douglas
Vorarlberger Volksblatt, 22. Sept. 1874

 

Mit dem Öffentlichwerden des Protestantismus war die katholische Kirche hierzulande zum ersten Mal seit der Gegenreformation des 16. Jahrhunderts einem konkurrierenden Bekenntnis ausgesetzt. Weltanschauungsfragen wurden nun in Vorarlberg zu Fragen einer diskutierenden Öffentlichkeit, damit Verhandlungsmasse im öffentlichen Raum. Dazu kam die Dominanz der Liberalen im 1861 neu errichteten Vorarlberger Landtag – bis 1870, als durch die Mobilisierung der Katholisch-Konservativen in den größeren nichtstädtischen Gemeinden die liberale Landtagsmehrheit verloren ging. Doch die Herausforderung der Katholisch-Konservativen durch die liberale Bewegung blieb bestehen: Das Monopol der Geistlichkeit und der kirchennahen Politiker auf die Bestimmung dessen, was als „normal“ und „plausibel“ zu gelten hatte – also auf die Definition der „Plausibilitätsstruktur“ der Gesellschaft –, war gebrochen, damit auch ihre Stellung als meinungsbildende Autoritäten angefochten.(27) Das war eine Auseinandersetzung nicht nur um Ideen, sondern auch um politischen Einfluss und gesellschaftliches Prestige. Entsprechend erbittert wurde sie geführt. 


Agrar-Liberalismus

 

Wir haben zwei soziale Gruppen identifiziert, die Träger liberalen Denkens – wichtiger noch: liberaler Lebensstile – waren: städtisches Kleinbürgertum (Beamte, Lehrer, Gewerbetreibende und Handwerker) sowie industrielle Großbürger. Dazu kommt eine dritte Gruppe, mit der Liberalismus üblicherweise gar nicht zusammengebracht wird, da er als urbanes Phänomen gilt: nämlich aufgeklärte, bildungshungrige, oftmals ins Ausland gewanderte und dann zurückgekommene Handwerker und Bauern in Landgemeinden – auch sehr kleinen –, dazu Gastwirte, Tierärzte, Mechaniker, Baumeister, Beamte usw. Ein solches liberales Milieu hat sich im Bregenzerwald (28) und im Montafon gebildet, ebenso in größeren Gemeinden des Rheintals, etwa Hard, Lustenau oder Hohenems und natürlich Dornbirn.(29) Es ist in der Vorarlberger Historiographie noch nicht zusammenfassend dokumentiert worden, aber über einzelne Biografien gut erschließbar.

Franz Michael Felder, gestorben 1869, ist hier zu nennen, und zwar nicht als Schriftsteller, sondern als Kristallisationsfigur einer ganzen reformerischen, bildungsaffinen Milieugruppe jüngerer Männer in Schoppernau und Umgebung im hinteren Bregenzerwald.(30) Es hat im „Wald“ noch viele andere außer Felder gegeben.(31) Doch oft waren die Verkehrsverbindungen – jedenfalls vor der Inbetriebnahme der Eisenbahnen (Rheintal und Walgau 1872, Bregenzerwald bis Bezau 1902, Montafon bis Schruns 1905) – so mühsam, dass die „Akteure der Modernisierung“ einander nicht einmal persönlich kannten. So sind einander Franz Michael Felder und Gebhard Wölfle, ein Reformer und begeisterter Theatermacher im 14 Kilometer von Schoppernau entfernten Bizau, nie begegnet. (32)

Auch in den Tälern war die Konfliktlinie in kultureller Hinsicht klar gezogen: gegen den Anspruch der geistlichen Hirten, Lesestoff und Lebenswandel ihrer Schafe genau zu regeln und zu kontrollieren. Das kulturelle Klima jener Zeit, in der sich die Geistlichkeit mit den "Kasinos" – Vereinen mit einem regelmäßigen Angebot von politisch-kulturellen Veranstaltungen – zum Kampf um die Alleinvertretung in Sachen Politik und Moral rüstete, wird in der Bizauer Theaterchronik des Gebhard Wölfle pointiert beschrieben. Diese Chronik schildert unter anderem das kulturelle Klima ab dem Ende der 1860er Jahre, als die liberal gestimmte Bizauer Laientheatergruppe zunehmend den Widerstand von örtlicher Geistlichkeit und Kasino-Bewegung zu spüren bekam. Mit einer gewissen freundlichen Herablassung vermerkt Wölfle:

"Meor seand üborhaupt in a bodo leabige Zit iohe ku gsinn. Nahom sexosezgar Jaur ist im Staado an andora Luft gango, as ist a Vorfassing ussar gio woado, ist a Wil a Büorgarministerium gsinn, ist a nüs Schuolgsetz ussar ku, dio allgmuo Wehrpflicht ist ingfüort woado und allarhand. Dorgego heat ma Kasinor arricht und gego alls das kämpft und Resolutiona gfassot und Petitiona ingio (blos gegos Wehrgsetz nüd). Dio jungo Buobo hettod ou is Kasino sötto, z’Büzou seand abor koa drinn gango. …

Ma ka denko, daß s’Kasino s’Theatorspielo ou ned guod heat kündo lido. Zum eysto hett ma sötto is Kasino gau astatt is Theator (üborall ka ma dinn ou nüd dorbi sinn) zum zweito hind eana d’Theatorspielar z’viel gleaso und leaso hett ma halt nix sötto, as was sü ampfohlo hind und zum dreotto ist as a Undorhaulting gsinn und dio hett ma all wello abschaffo unds mit Undorhaultings-Kasino arsetzo."(33)

Das Theaterspielen war eine durchaus politische Angelegenheit, zumal wenn es – wie in Bizau – um Friedrich Schiller und die „Räuber“ ging. Denn Schiller war bei den Katholisch-Konservativen als Revolutionär und Glaubensfeind verschrien. Wer ihn las, zitierte oder spielte, ließ sich weltanschaulich klar verorten – als „Liberaler“. „Schiller“ – das war ein kultureller Code, durch welchen Lagergrenzen definiert und politische Zuordnungen vorgenommen wurden.(34)


Zivilbegräbnis in Schruns 1876

 

Bleiben wir auf dem Land, in Schruns. Hier treffen sich an einem Sommertag des Jahres 1876 Menschen aus den drei beschriebenen sozialen Gruppen, aus denen sich die liberalen Milieus rekrutierten. Das ist sonst sicherlich nicht allzu oft der Fall gewesen – zu unterschiedlich waren die materiellen Lebensverhältnisse, zu weit auch die Distanzen. Doch hier kommen sie demonstrativ zusammen – bei einem Begräbnis Ende Juli 1876.

Bestattet wird ein Schmiedegesell und Bauer namens Johann Josef Zudrell.(35)

Zudrell hatte sich im Verein der Verfassungsfreunde engagiert und war Korrespondent der „Feldkircher Zeitung“, ja sogar Mitglied ihres Presskomitees gewesen.(36) Offenbar hatte er sich immer wieder in der Öffentlichkeit kirchenkritisch geäußert und war anscheinend auch nicht zur Osterbeichte – damals ein Pflichtakt für jeden Katholiken – gegangen.

Als er überraschend starb, wurde nicht einmal der Schrunser Pfarrer Bell zum Spenden der Sterbesakramente geholt. Der fragte nun bei seinen Vorgesetzten, also beim fürstbischöflichen Ordinariat in Brixen, nach, ob Zudrell kirchlich beerdigt werden dürfe. Nicht überraschend – Brixen war ein Hort des kirchlichen Konservativismus und Antiliberalismus – kam ein negativer Bescheid.(37)

Die Beisetzung Zudrells war das erste Zivilbegräbnis in Vorarlberg. Es führte zu einer schweren Auseinandersetzung, die sich über Wochen hinzog und mehrmals sogar auf den Titelseiten der liberalen „Feldkircher Zeitung“ und des katholisch-konservativen „Vorarlberger Volksblatts“ Platz fand.(38)

Denn Zudrells Begräbnis wurde eine Manifestation der Liberalen des Vorarlberger Oberlandes. Der Reichsratsabgeordnete Rudolf Ganahl, der älteste Sohn von Carl Ganahl, der von seinem Vater die Obmannschaft des Vereins der Verfassungsfreunde übernommen hatte, hielt eine Rede und legte einen Kranz nieder, der Schrunser Arzt Dr. Huber sprach, die Bludenzer Bürgermusik spielte, der Feldkircher Bezirkshauptmann Neuner war da und Redakteur Heim von der „Feldkircher Zeitung“. Das „Vorarlberger Volksblatt“, das alle bekannteren Liberalen namentlich aufführte, erklärte das Begräbnis zu einer „von den Freimaurern in Scene gesetzte(n) Verhöhnung der katholischen Kirche“(39) und sprach ironisch von der „Haute volée von Bludenz“, darunter die sogenannten „Compagnie-Herren“ von Gassner und Mutter.(40) In unserem Zusammenhang interessant: Auch Wanda Douglass, die Witwe nach John Sholto Douglass, war gekommen.(41) Ihre Teilnahme an diesem Begräbnis war auf Bitten ihres späteren Gatten Jakob Jehly erfolgt. Er hatte in einem Brief an Wanda Douglass geschrieben, Zudrell werde „ohne alle geistliche Ceremonie beerdigt, weil derselbe als Verfassungsfreund, u. zufällig ohne Pfaffenschwindel gestorben ist“.(42)

Für die Liberalen war dieses Begräbnis eine Manifestation gegen den politischen Anspruch des Klerus. Denn sie sahen Zudrell und dessen Familie, gegen die sich ja die Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses richtete, als Opfer seines liberalen Engagements. Noch drei Monate später, auf der Hauptversammlung des Vereins der Verfassungsfreunde am 1. Oktober in Feldkirch, machte Rudolf Ganahl dieses Begräbnis zum zentralen Thema seines Berichts und prophezeite:

„Das Zivilbegräbnis in Schruns hat stattgefunden – es war … das erste dieser Art in Vorarlberg, aber es wird, wie die Dinge liegen, nicht das letzte sein.“(43)

Das „Volksblatt“ hatte die Teilnahme der Liberalen an diesem Begräbnis ebenfalls als heraus-fordernde politische Demonstration verstanden. Von den „unverschämten Liberalen im Lande“ war die Rede, von „Freimaurern“, vom „eckelhaften [sic] Geschimpfe der Feldk. Ztg. anläßlich der Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses“(44), und selbst das am Grab von Angehörigen verschiedener Konfession gesprochene Vaterunser galt als „fast blasphemisch“, weil es „nicht als katholisches, sondern als allen Christen gemeinsames Gebet vom Redner [dem Gemeindearzt Dr. Huber; Anm.] erklärt wurde“; es „paßte vollkommen zu dem gotteslästerlichen Geschwätze dieses Herrn“.(45)


Politischer Rückzug – Deutschnationalismus – freier Lebensstil

 

Die liberale Option ist in Vorarlberg, wie anderswo auch, politisch nicht mehrheitsfähig geworden. Die kulturelle Klammer, die dieses Lager formte, war zu schwach, um es zusammenzuhalten. Es ließ sich kein gemeinsames soziales Programm definieren – typisch dafür ist die explizite Kritik Franz Michael Felders und seines Schwagers Kaspar Moosbrugger an der Unfähigkeit des liberalen Bürgertums, für gleiches, vom Besitz unabhängiges Wahlrecht einzutreten und im Sinne des von Felder geschätzten Ferdinand Lassalle die soziale Frage durch Produktionsgenossenschaften zu lösen. In diesem Zusammenhang erfolgte 1866 die Gründung der „Vorarlberg’schen Partei der Gleichberechtigung“ durch Franz Michael Felder, Kaspar Moosbrugger und Josef Feuerstein. Hierher gehört auch Felders ebenfalls 1866 entstandener (und ungedruckt gebliebener) Text „Konsum-Verein oder Produktiv-Assoziation?“(46), in dem er sich gegen das liberale Konzept von Konsum- und Sparvereinen (nach Schulze-Delitzsch) und stattdessen für den genossenschaftlichen Besitz des Produktivvermögens – im Sinne Ferdinand Lassalles, des frühen Führers der deutschen Sozialdemokratie – ausspricht.

Vor allem aber blieb der Vorarlberger Liberalismus ein Eingenerationsprojekt: 1898, genau dreißig Jahre nach seiner Gründung, löste sich der Verein der Verfassungsfreunde auf.(47)

Jüngere, radikale Deutschnationale bestimmten nun die politische Dynamik im säkularen Lager, dessen Antiklerikalismus das einzige Erbstück der liberalen Väter blieb. Dieser Deutschnationalismus war freilich von den Altliberalen selbst grundgelegt worden – als deutscher Kulturnationalismus, der eine Weile lang das Programm der Aufklärung im Sinne Kants, Schillers und Goethes zu transportieren suchte, sich dann aber gegen Slawen und Italiener in der österreichisch-ungarischen Monarchie richtete und sich da schon dem Rassismus öffnete. Diese Veranlagung tritt schon deutlich hervor in der Hauptversammlung des Vereins der Verfassungsfreunde 1871 in Dornbirn,(48) also drei Jahre nach dessen Gründung. Da drehte sich die Debatte fast nur noch um den „böhmischen Ausgleich“, also um den Versuch tschechischer Politiker, von der Zentrale des Habsburgerreiches Autonomierechte für ihre Kronländer und die tschechischsprachige Bevölkerung zu erlangen. Das wurde von den Liberalen als Kampf katholisch-konservativer Kräfte gegen das Deutschtum gesehen – Liberalismus und Deutschtum werden nun gleichgesetzt.

Der Übergang vom aufklärerischen Kulturnationalismus zum sich rassistisch einfärbenden Nationalitätenstreit erfolgt auch in anderen liberalen Vereinen, manchmal abrupt, manchmal schleichend. Im selben Jahr 1871 zum Beispiel hält der Alpenverein seine Versammlung in Bludenz ab. Da referiert der begeisterte Alpinist John Sholto Douglass die eingegangene Literatur und bemerkt dann – beinahe zusammenhanglos und doch selbstverständlich:

„Auch noch ein anderer Subscriptionsbogen ist da, nämlich einer für pecuniäre Unterstützung der deutschen Schulen in wälschem Lande, das heisst: zur Vertheidigung des Deutschthums in Südtirol. Das Circular ist betitelt: ‚Gefährdung des Deutschthums in Südtirol. Die deutschen Gemeinden an der Sprachgrenze und ihre Schulen’ [im Orig. gesperrt; KG] von Dr. Otto Delitsch, Leipzig 21. Mai 1872. Zur Mithilfe ist hier sicherlich Jeder berufen, welcher sich als Deutscher fühlt. Exemplare des Aufrufs stehen Ihnen zu Diensten, aus welchen Sie Näheres über die italienisch-deutsche Sprach- und Culturgränze in Südtirol ersehen mögen.“(49)

Auf diese Weise wurde das Terrain aufbereitet, auf dem dann um die Jahrhundertwende die Deutsch-Völkischen das Erbe der Liberalen antraten. 1906 musste die 1861 gegründete „Feldkircher Zeitung“, die traditionsreiche altliberale „Stimme der Verfassungsfreunde in Vorarlberg“, wie sie sich ab dem Februar 1870 genannt hatte, ihr Erscheinen einstellen. Sie war von dem in Dornbirn erscheinenden „Vorarlberger Volksfreund“ abgelöst worden, dem Sprachrohr der Deutsch-Völkischen. Deren Konzept eines rassistisch bestimmten „Deutschtums“ machte mit der Idee individueller Aufklärung und mit der Religionstoleranz der klassischen Liberalen Schluss und schuf zumal einem aggressiven Antisemitismus Raum – lediglich der Antiklerikalismus verblieb als Klammer mit dem früheren liberalen Milieu und als dessen Erbstück.

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Die klassischen Liberalen, und mit ihnen die Familie Douglass, sind Zeugen und Akteure einer „heißen Phase“ des 19. Jahrhunderts geworden. In diesem letzten Jahrhundertdrittel haben innerweltliche Paradieserwartungen und transzendentale Höllenängste das politische Denken und Reden stärker geformt als Versuche der Vermittlung und des Ausgleichs. Es war eine Zeit der „Culture Wars“, wie sie uns heute aus anderen Weltgegenden nicht fremd sind.

Als politisches Programm konnte der klassische Liberalismus, auch in Vorarlberg, nicht reüssieren. Doch kulturell hat er sich zeitweise als sehr fruchtbar erwiesen – durch modernisierende Impulse in Wirtschaft, Technik und Architektur, vor allem aber durch die Propagierung selbständigen Denkens und selbstgewählter Lebensführung. Und der Ertrag? Eben keine politischen Programme, sondern beispielsweise: Literatur – wie bei Grete Gulbransson und Norman Douglas, den beiden höchst eigensinnigen Erben liberaler Tradition aus dem Hause Douglass.

 

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English Summary

Heterodoxies home-grown and transplanted:
Liberal milieus in 19th century Vorarlberg

 

The Douglass family [in Thüringen, near Bludenz] was part of a liberal current whose cultural organization and political articulation was a noticeable trait of public life in the Vorarlberg from the 1860s onwards. Three different sources can be identified: a small-town educated middle class, partly immigrant, partly native, that traditionally welcomed state-led modernization and enlightenment (as embodied by Joseph II); reformers in rural areas, notably in the valleys of the Bregenzerwald and the Montafon, who were devoting themselves to popular education, cooperative organization and technical progress in general; and an industrial upper-class which, for the most part, was made up of immigrant families, some of them in addition being Protestant or Jewish. What all of them had in common was the conviction of unavoidable social and technical modernization as well as their opposition to the politicocultural predominance of the Catholic Church and its local representatives. This, however, proved to be too weak a unifying factor to bridge the social heterogeneity of this milieu and form a strong political movement. The common denominator of most liberals was not so much an elaborated political world view, but rather a personal attitude and a lifestyle of moral autonomy and intellectual independence, in fervid opposition to the clergy’s claim of being their flock’s indisputable shepherds, and consequently in equally fierce opposition to their political representatives (mostly the local dignitaries).

The area of conflict was demarcated by the liberal Austrian Constitution of 1867. This provided for civil marriage, the transfer of supervision of schools from the church to the state, the equality of all officially recognized religions (Catholic, Protestant, and Jewish), freedom of belief, teaching and research – in short, everything that the Catholic Church in her "Syllabus of Errors" in 1864, warring against secularism and both political and ideological liberalism, had branded as heresy.

By lifting the ban on Protestant worship in 1861, the field had been opened. Protestants now were part of a visible public, through their churches and cemeteries. The Constitution of 1867 brought the Catholic Church further trouble – through the separation of church and state, and the opening of public discourse by freedom of press and assembly.

Liberals in the Vorarlberg, who were now publicly airing their grievances against the Church, were, for example, Guntram Hämmerle and Johann Josef Zudrell. The former was a public prosecutor, the latter an artisan-cum-farmer. Guntram Hämmerle had been a rabble-rouser whilst still in high school. Now in 1868 in Feldkirch, holding the post of public prosecutor, he formulated a basic program at the inaugural meeting of the Vorarlberg Association of Friends of the Constitution. At this meeting, a Protestant and a Jew were demonstratively elected to the board.

Johann Josef Zudrell, scratching his living in Schruns in the Montafon, was the local correspondent of the “Feldkircher Zeitung”, Vorarlberg’s leading liberal newspaper, and an outspoken member of the Association of Friends of the Constitution. When he died in 1876, he was denied a catholic funeral by the clergy – a scandal that provoked the first civil funeral in the Vorarlberg and, as a manifestation of liberalism, filled the pages of the leading Catholic and liberal newspapers for weeks.

When, two years earlier in 1874, John Sholto Douglass was buried in the Protestant cemetery of Feldkirch after his accidental death, this too was a manifestation of the new age: around 300 mourners accompanied the coffin for three hours from Thüringen to Feldkirch, where a large crowd bid him farewell on his final journey. 13 years earlier, this would have been impossible.

Liberals in the Vorarlberg won majorities in a few villages and in towns only. They never gained broad popular support – a fate they shared with the rest of Austria. However, their effectiveness should not be underestimated. Liberal milieus in rural areas are particularly noteworthy, because in historiographical literature, liberalism tends to be treated as a mainly urban phenomenon. As a matter of fact, even in smaller communities in the Bregenzerwald and the Montafon and in various rural communities of the Rhine Valley, liberal associations and social gatherings (usually in certain pubs) gained ground – this, just as in towns, in confrontation with the local clergy and their affiliated politicians.

Liberalism in the Vorarlberg remained, as elsewhere, basically a one-generation phenomenon. Founded in 1868, the Association of Friends of the Constitution disbanded itself in 1898. Racial thinking had infiltrated the idea of enlightenment originally associated with "Germanness" (“Deutschtum”) and prepared the ground for the "German-Nationalists" (“Deutsch-Völkische”). From the 1890s onwards, they took over the inheritance of the Liberals (often within the same family) – with aggressive anti-Semitism replacing enlightenment and religious tolerance. Only anticlericalism survived as a remnant and reminder of the liberal Tradition.

Such developments notwithstanding, Liberals have shaped Vorarlberg – economically, architecturally, and above all culturally, by their unconventional insistence on individual autonomy. To this testify, among others, the life and work of Norman Douglas and Grete Gulbransson, two highly opinionated descendants of the house of Douglass in Thüringen/Vorarlberg.

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*) Der Sohn von John Sholto Douglass, George Norman, änderte die Schreibung seines Namens auf Norman Douglas. Im vorliegenden Text wird die jeweilige Schreibung beibehalten.

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1 Während Émile Durkheim in seinem Klassiker Die Regeln der soziologischen Methode (1895; deutsch:  Neuwied/Berlin 1961) „soziale Milieus“ durch objektive Tatbestände (Personen und Dinge) bestimmt sieht, sind politische Milieus durch freiwilliges Gemeinschaftshandeln charakterisiert – im Sinne Max Webers (Wirtschaft und Gesellschaft, posthum 1921/22) also Vergemeinschaftungen.

2 In Bregenz der Pfarrer Johann Georg Hummel [hierzu Meinrad Pichler: Vom observierten Revolutionär zum Ehrenbürger. Der ungewöhnliche Landpfarrer Johann Georg Hummel (1808-1888) aus Bregenz, in: ders.: Quergänge. Vorarlberger Geschichte in Lebensläufen, Hohenems 2007, S. 86-115]; im Montafon Kaplan (später Pfarrer) Franz Josef Battlogg (1836-1900) aus Gaschurn [hierzu Montafoner Tourismusmuseum Gaschurn: Zwischen Valleu und Vallüla. Ein Leben für den Berg, die Musik und das Seelenheil. Ausstellung 2009 – siehe Bruno Winkler / Peter Strasser / Andreas Rudigier: Ein Museum im Umbruch. Herkunft und Zukunft des Tourismusmuseums Gaschurn, in: Montafoner Museen (Hg.): Jahresbericht 2009, Schruns 2010, S. 86-92].
Die Bregenzer liberale „Szene“ der 1860er bis in die 1880er Jahre ist neuerdings sehr gut dokumentiert durch Dirk Strohmann: Robert Byr (1835 bis 1902) – Offizier, Wissenschaftler, Literat, in: Montfort – Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 64. Jg., 2012, Bd. 1, S. 97-127, hier besonders S. 109-113.

3 Siehe Wolfgang Scheffknecht: „Ländel der Freiheit und Duldsamkeit“. Bemerkungen zur Formierung des liberal-großdeutschen Lagers in Lustenau bis um 1890, in: Montfort – Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs, 51. Jg., 1999, S. 340-378, hier S. 343.

4 Gymnasium Feldkirch, Akten des Schuljahres 1835/36, Nr. 1737/65, Bericht über das zweite Semester des Studienjahres 1835-36, Feldkirch, am 5. August 1836; Transkription: Mag. Siegfried Bertsch, Archivar des Gymnasiums Feldkirch [Dank für die Mitteilung vom 29.5.2008].

5 Hubert Weitensfelder: Industrie-Provinz. Vorarlberg in der Frühindustrialisierung 1740-1870. Frankfurt a.M.–New York 2001, S. 464.

6 Vorarlberger Landeszeitung, 21.7.1868.

7 Siehe www.domus-ecclesiae.de/magisterium/syllabus-errorum.teutonice.html [eingesehen 07.12.2012].

8 Siehe www.domus-ecclesiae.de/magisterium/mirari-vos.teutonice.html [eingesehen 07.12.2012].

9 Siehe http://kathpedia.com/index.php/Antimodernisteneid [eingesehen 15.05.2022].

10 Christopher Clark / Wolfram Kaiser: Culture Wars. Secular-Catholic Conflict in Nineteenth Century Europe. Cambridge 2003.

11 Aus zeitgenössischer „Brixner“ Sicht Bartlmä Berchtold: Der Liberale und der Katholik. Freie Gedanken über das "freie Wort zur religiösen Frage" an die Vorarlberger. Innsbruck 1861; siehe auch den systematischen Vergleich der liberalen und der fundamental-katholischen Position bei Walter Methlagl: Franz Michael Felder und Kaspar Moosbrugger im Kampf der politischen Parteien Vorarlbergs, 1864–1868. Bregenz 1978, S. 16-31.

12 Gerhard Oberkofler: Anfänge – Die Vorarlberger Arbeiterbewegung bis 1890. Vom Arbeiterbildungsverein zur Arbeiterpartei, in: Kurt Greussing (Hg.): Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870-1946, Bregenz 1984, S. 22-72, hier S. 38-52.

13 Im Detail dargestellt bei Reinhard Mittersteiner: „Fremdhäßige“, Handwerker & Genossen. Die Entstehung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg. Bregenz 1994.

14 Herkunftsorte der Proponenten und Delegierten der Arbeiterbildungsvereine bei Gerhard Oberkofler: Anfänge (wie Anm. 12), S. 38 und 46; zur Zuwanderung von Unternehmern nach Vorarlberg und zu Ausbildungsaufenthalten von Vorarlberger Unternehmer-Söhnen außerhalb des Landes siehe Hubert Weitensfelder: Industrie-Provinz (wie Anm. 5), S. 193-201.

15 Siehe z.B. die Mitarbeiter des Bregenzer Kreisamtes 1860 in Kurt Tschegg: Sebastian Ritter von Froschauer, erster Landeshauptmann von Vorarlberg 1861-1873. Feldkirch 2006, S. 26.

16 Vorarlberger Landeszeitung, 21.7.1868.

17 Vorarlberger Landeszeitung, 16.7.1868; siehe auch Feldkircher Zeitung, 15.7.1868.

18 Siehe Kurt Greussing: Machtkampf und Weltanschauungsstreit nach 1867. Die politischen Lager Vorarlbergs und die Juden, in: Eva Grabherr (Hg.): „… eine ganz kleine jüdische Gemeinde, die nur von den Erinnerungen lebt!“ Juden in Hohenems (Katalog des Jüdischen Museums Hohenems). Hohenems 1996, S. 81-97, hier S. 82-88.

19 Siehe Helmut Swozilek: Samuel Jenny (1837-1901) – Mäzen im 19. Jahrhundert. Ein Ausländer und Protestant als Gründerfigur der Vorarlberger Landeskunde, in: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins, 143. Jahr, 1999, S. 141-155.

20 Siehe Wolfgang Olschbaur: Zur Gründungsgeschichte der evangelischen Gemeinde in Vorarlberg, sowie ders.: Biographische Notizen, in: Wolfgang Olschbaur / Karl Schwarz (Hg.): Evangelisch in Vorarlberg. Festschrift zum Gemeindejubiläum. Bregenz 1987, S. 22-35, 49.

21 Zu Thüringen und zur Familie Douglass siehe Karl Gerstgrasser: Falkenhorst und der Protestantismus in Thüringen, in: Andreas Rudigier (Hg.): Villa Falkenhorst. Thüringen (= Bludenzer Geschichtsblätter Heft 66 + 67). Bludenz 2002, S. 61-68.

22 Lukas Ospelt: Das Protestantenpatent von 1861 im Spiegel der öffentlichen Meinung Tirols und Vorarlbergs, Diplomarbeit Universität Innsbruck 1993, S. 168, 170 [gekürzt veröffentlicht unter dem Titel: Das Protestantenpatent von 1861 im Spiegel der öffentlichen Meinung Vorarlbergs, in: Montfort – Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs, 46. Jg., 1994, Nr. 2, S. 208-237].
„Paritätisch“ bezieht sich auf die so genannte Religionsparität (wie sie in der Schweiz teilweise schon ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestanden hatte), also auf die Gleichstellung des katholischen und des protestantischen Bekenntnisses. Zur politischen Verortung des Widerstandes gegen die Protestanten siehe Leo Haffner: "Der Liberalismus bringt keinen Segen". Martin Thurnher – ein Leben für den Konservativismus, in: Werner Bundschuh / Harald Walser (Hg.): Dornbirner Statt-Geschichten. Kritische Anmerkungen zu 100 Jahren politischer und gesellschaftlicher Entwicklung, Bregenz 1987, S. 83-121, hier S. 112-114.

23 Clark / Kaiser: Culture Wars (wie Anm. 10), S. 292-299.

24 Grete Gulbransson: Geliebte Schatten. Eine Chronik der Heimat. Berlin 1934, S. 44-45.

25 Vorarlberger Volksblatt, 9.10.1874.

26 Hierzu Vorarlberger Volksblatt, 18.9.1874, 22.9.1874, 9.10.1874 (Konflikt wegen „großer Glocke“), 20.10.1874 (Nachruf von Franz Josef Battlogg); Feldkircher Zeitung, 23.9.1874, 26.9.1874, 30.9.1874 (Konflikt wegen „großer Glocke“); Vorarlberger Landeszeitung, 22.9.1874, 26.9.1874.  Zu F. J. Battlogg siehe Anm. 2. Zum kirchlichen Anspruch auf die alleinige Nutzung der städtischen „großen Glocke“ siehe Andreas Ulmer / Manfred A. Getzner: Die Geschichte der Dompfarre St. Nikolaus Feldkirch, Bd. 1. Graz-Feldkirch 1999, S. 377; hier wird ausdrücklich auf die „Eigenmächtigkeit“ der Stadt Feldkirch beim Läuten der Glocke für J. S. Douglass und die daraus folgenden „Unstimmigkeiten“ hingewiesen.

27 Zur Rolle der „Plausibilitätsstruktur“ für die Einordnung des Individuums in den gesellschaftlichen Zusammenhang siehe Peter L. Berger / Thomas Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt a. M. 1980, S. 161-170.

28 Eine ausführliche Überblicksdarstellung bis 1870, mit Schwerpunkt auf dem Material zu Franz Michael Felder und Franz Xaver Moosmann, sowie eine kritische Bewertung des Forschungsstandes bietet Dirk Strohmann: Liberalismus im Bregenzerwald (1848-1870). Repräsentanten, Programme, Organisationen, Anstöße und Hemmnisse der liberalen Bewegung im Bregenzerwald, in: Montfort – Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 64. Jg., 2012, Bd. 2, S. 27-59.

29 Zum liberalen Milieu dieser Ortschaften vor der Jahrhundertwende siehe Reinhard Mittersteiner: „Fremdhäßige“, Handwerker & Genossen. Die Entstehung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg. Bregenz 1994, v. a. S. 171-184 (Hard) und 238-243 (Hohenems), sowie zu Lustenau Wolfgang Scheffknecht: „Ländel der Freiheit …“ (wie Anm. 3).

30  Siehe zusammenfassend zu Felders genossenschaftlichen und volksbildnerischen Aktivitäten Walter Methlagl: „Mein Leben ist ein Spiegel unserer Zustände“. Nachwort zu Franz Michael Felder: Aus meinem Leben (Orig. 1869). Lengwil 2004, S. 301-338, hier S. 308-311; Jürgen Thaler (Bearb.): Franz Michael Felder (1839-1869). Katalog zur Ausstellung im Felder Museum Schoppernau. Lengwil 2005, S. 138-149.

31 Diese Personen sind durch die Bearbeitung der Felderschen Briefwechsel von Walter Methlagl zu einem großen Teil erschlossen worden. Siehe Personenregister in Franz Michael Felder – Kaspar Moosbrugger: Briefwechsel. Kommentar, Anmerkungen. Dokumente, Personen-, Werk- und Sachregister von Walter Methlagl [= Sämtliche Werke Bd. 7], Bregenz 1975, sowie Franz Michael Felder: Briefwechsel 1856-1869 (herausgegeben von Walter Methlagl), Teil 1 [= Sämtliche Werke Bd. 10], Bregenz 1981; Teil 2 [= Sämtliche Werke Bd. 11], Bregenz 1989. Weiters auch Wilhelm Meusburger: Zwei Bregenzerwälder Lithographen des 19. Jahrhunderts, in: Biblos, Jg. 35, 1986, Heft 2, S. 160-173 [zu Franz Xaver Feuerstein (1803-1858, Lithograph] und Josef Feuerstein [1832-1903, Lithograph/Politiker/Mundartdichter)]; ders.: Josef Alois Rüscher (1863-1911). Theaterdirektor, Privatlehrer und Schriftsteller, in: Helmut Swozilek (Hg.): Theaterverein Bizau – 125 Jahre. Begleitheft zur Ausstellung. Bregenz 1991, S. 23-25. Eine Detailstudie zu einer Person aus dem engeren Umkreis Felders liefert Meinrad Pichler: Felders Freund, der „Fremdler“. Josef Natter (1846-1928) aus Schoppernau, in: ders.: Quergänge (wie Anm. 2), S. 132-159.

32 Gebhard Wölfle: Bizauer Theaterchronik (1864-1871). Schriften des Vorarlberger Landesmuseums, Reihe C, Volkskunde, Bd. 1. Bregenz 1991, S. 65. Zu Gebhard Wölfle siehe Annelies Nigsch-Kaufmann: Johann Gebhard Wölfle oder „langewil hea, das ischt dumm“, in: Helmut Swozilek (Hg.): Theaterverein Bizau – 125 Jahre. Begleitheft zur Ausstellung. Bregenz 1991, S. 17-20.

33 Ebd.; Übersetzung: "Wir sind überhaupt in eine ziemlich lebendige Zeit hineingekommen. Nach dem 1866er Jahr ist im Staat ein anderer Wind gegangen, es ist eine Verfassung herausgegeben worden, es ist eine Weile ein Bürgerministerium (da) gewesen, es ist ein neues Schulgesetz herausgekommen, die allgemeine Wehrpflicht ist eingeführt worden und allerhand (anderes). Dagegen hat man Kasinos errichtet und gegen alles das gekämpft und Resolutionen gefasst und Petitionen eingegeben (bloß gegen das Wehrgesetz nicht). Die jungen Männer hätten auch ins Kasino (gehen) sollen, in Bizau sind aber keine hineingegangen. … Man kann sich denken, dass das Kasino das Theaterspielen auch nicht gut hat leiden können. Zum ersten hätte man ins Kasino gehen sollen statt ins Theater (überall kann man denn auch nicht dabei sein),  zum zweiten haben ihnen die Theaterspieler zu viel gelesen, und lesen hätte man eben nichts sollen als das, was sie empfohlen haben, und zum dritten ist es eine Unterhaltung gewesen, und die hat man immer wollen abschaffen und durch Unterhaltungskasino ersetzen.“

34 Hierzu Meinrad Pichler: Die Räuber im Walde, in: Helmut Swozilek (wie Anm. 32), S. 21-22.

35 Zusammenfassend Manfred Tschaikner: Johann Josef Zudrell (1814-1876) – ein Montafoner Franz Michael Felder?, in: Bludenzer Geschichtsblätter, Heft 10/1991, S. 53-66.

36 Feldkircher Zeitung, 4.10.1876.

37 Feldkircher Zeitung, 29.7.1876, 5.8.1876; Vorarlberger Volksblatt, 15.8.1876.

38 Feldkircher Zeitung, 2.8.1876, 4.10.1876; Vorarlberger Volksblatt, 15.8.1876, 18.8.1876.

39 Vorarlberger Volksblatt, 8.8.1876.

40 Vorarlberger Volksblatt, 18.8.1876.

41 Feldkircher Zeitung, 2.8.1876; Vorarlberger Landeszeitung, 3.8.1876.

42 Zit. n. Luise Jehly: Der Maler Jakob Jehly und das erste Vorarlberger Zivilbegräbnis (1876), in: Bludenzer Geschichtsblätter, Heft 12/1992, S. 49.

43 Feldkircher Zeitung, 4.10.1876.

44 Vorarlberger Volksblatt, 18.8.1876.

45 Vorarlberger Volksblatt, 8.8.1876.

46 Franz Michael Felder: Konsum-Verein oder Produktiv-Assoziation? [1866], in: ders.: Vermischte Schriften (ediert von Walter Methlagl) [= Sämtliche Werke Bd. 8]. Bregenz 1979, S. 151-154.

47 Hubert Weitensfelder: „Römlinge“ und „Preußenseuchler“. Konservativ-Christlichsoziale, Liberal-Deutschnationale und der Kulturkampf in Vorarlberg, 1860 bis 1914. Wien-München 2008, S. 49-50.

48 Bericht über die ordentliche Hauptversammlung des Vereins der Verfassungsfreunde in Vorarlberg. Abgehalten … am 29. Oktober 1871 … in Dornbirn. Feldkirch 1871.

49 Section Vorarlberg des deutschen Alpen-Vereins – Bericht über das zweite Halbjahr 1872 vom derzeitigen Sections-Vorstande J. S. Douglass am 15. Dezember 1872 in Bludenz erstattet (Privatdrucksache des Berichterstatters). Innsbruck 1873, S. 7.

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